Drei ERC Consolidator Grants für Wissenschafterinnen der Universität Wien

Ökologie, Wissenschaftsphilosophie und Neurobiologie erhalten EU-Förderung

Die Ökologin Christina Kaiser, die Wissenschaftsphilosophin Tarja Knuuttila und die Neurobiologin Kristin Teßmar-Raible erhalten je einen mit rund zwei Millionen Euro dotierten ERC Consolidator Grant. Die EU-Förderungen werden in Grundlagenforschung investiert, um so unterschiedliche Themen wie den Kohlen- und Stickstoffkreislauf der Erde, die philosophischen Implikationen der Entwicklung von möglichem Leben im All oder die Mechanismen der zellulären Uhrwerke zu erforschen. Insgesamt gingen damit bisher 53 ERC Grants an die Universität Wien.

"ERC-Grants ermöglichen Spitzenforschung. Sie sind auch ein wichtiger Indikator für die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Universität. Ich freue mich, dass wir nun insgesamt 53 ERC Grants an der Universität Wien haben. Damit haben sich allein im Jahr 2018 sieben erfolgreiche Wissenschafterinnen mit internationalem Hintergrund durchsetzen können: Vier Starting Grants im Sommer und nun drei Consolidator Grants", so Rektor Heinz W. Engl.

Selbstorganisation mikrobieller Abbauprozesse im Boden
Die Ökologin Christina Kaiser wird in den nächsten fünf Jahren Phänomene des komplexen Systems "Boden" untersuchen. Mikroorganismen sind durch den ständigen Abbau von organischem Material von zentraler Bedeutung für den Kohlenstoff- und Stickstoffkreislauf der Erde und bestimmen nicht nur die langfristige Speicherung von Kohlenstoff in Böden, sondern auch die Nährstoffverfügbarkeit für das Wachstum von Pflanzen. Das ERC-Projekt wird das mikrobielle Ökosystem Boden aus dem Blickwinkel der Wissenschaft komplexer Systeme untersuchen um zu verstehen, wie Interaktionen von Mikroorganismen auf mikroskopisch kleinem Raum zu einer Selbstorganisation der Abbauprozesse im Boden führen können und welche Bedeutung das für die Reaktion des Bodens auf Umweltveränderungen hat.

Über Christina Kaiser
Nach einer technischen Ausbildung und Berufsausübung im Bereich Softwareentwicklung studierte Christina Kaiser Ökologie an der Universität Wien und promovierte 2010 im Bereich Stoffkreisläufe und mikrobielle Ökologie im Boden. 2011 ging sie für ein Postdoktorat an die University of Western Australia (UWA) in Perth, gefolgt von zwei Jahren als Postdoctoral Fellow am International Institut for Applied Systems Analysis (IIASA) in Laxenburg. Sie ist seit 2014 Gruppenleiterin am Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Universität Wien sowie Gastforscherin am IIASA.

Entwicklung von möglichem Leben im All aus philosophischer Perspektive
Die Wissenschaftsphilosophin Tarja Knuuttila untersucht in ihrem ERC-Projekt, in welcher Form die gegenwärtigen Lebenswissenschaften den Bereich der Biologie hinaus weiterentwickeln. Der Hauptfokus liegt dabei auf der philosophischen Bedeutung dieses Wandels für mögliches Leben über das entwickelte Leben auf der Erde hinaus. Zur Erforschung von möglichem Leben führt Tarja Knuuttila eine philosophische Analyse von synthetischer Biologie und Astrobiologie durch. Zentrale biologische Themen sind u.a. künstliche biochemische Grundlagen und Organisationsprinzipien des Lebens, künstliches Leben, evolutionäre Möglichkeiten und Einschränkungen sowie die Bewohnbarkeit von Exoplaneten. Diese Themen werden in Partnerschaft mit sechs führenden Laboratorien in Europa und den USA erforscht. Die biologische Untersuchung möglichen Lebens dient als Grundlage für die Entwicklung philosophischer Theorien im Bereich der Wissenschaftsphilosophie und naturalisierten Metaphysik.

Über Tarja Knuuttila
Tarja Knuuttila ist Professorin für Wissenschaftsphilosophie an der Universität Wien. Davor war sie Assoziierte Professorin an der University of South Carolina (USA). Tarja Knuuttila absolvierte Masterstudien in Wirtschaftswissenschaften (Helsinki School of Economics) und Sozial- und Moralphilosophie (University of Helsinki), sowie ein PhD-Studium in Theoretischer Philosophie (University of Helsinki). Von 2007 bis 2010 war sie Chefredakteurin von Science & Technology Studies. Das Studienjahr 2009/2010 verbrachte sie als Gastforscherin am California Institute of Technology. Sie wurde mehrmalig mit Projekten und Einzelstipendien ausgezeichnet, unter anderem von der Academy of Finland, The Finnish Funding Agency for Technology and Innovation und dem Fulbright Program.
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Der Rhythmus des Lebens
Die molekularen und zellulären Uhrwerke der "Rhythmen des Lebens" stehen im Zentrum der Forschungsarbeit der Neurochronobiologin Kristin Teßmar-Raible von den Max F. Perutz Laboratories an der Universität Wien. Viele Organismen besitzen innere Oszillatoren ("Tagesuhren" und "Kalender"), die durch Sonnen- bzw. Mondlicht synchronisiert werden. Mit dem marinen Borstenwurm Platynereis und der Mücke Clunio untersucht die Forscherin die dahinterliegenden Mechanismen.

Die mit dem ERC Consolidator Grant geförderten Projekte werden sich einerseits besonders mit der Frage beschäftigen, wie sich die häufig sehr variablen natürlichen Umweltbedingungen mit den Laborbedingungen wirklich vergleichen lassen. Andererseits sollen sie den kritischen Molekülen des inneren Kalenders auf die Schliche kommen, um zu verstehen, wie eine selbsterhaltende monatliche Oszillation in biologischen Systemen funktionieren kann.

Über Kristin Teßmar-Raible
Kristin Teßmar-Raible kam 2008 vom EMBL Heidelberg als Gruppenleiterin an die Max F. Perutz Laboratories. Die Max F. Perutz Laboratories sind ein 2005 gegründetes Joint-Venture der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien am Campus Vienna Biocenter. Sie erhielt 2009 den START-Preis des FWF, 2013 den ERC Starting Grant und koordinierte zwischen 2010 und 2014 einen HFSP Grant. 2013 bekam Teßmar-Raible den Loewi Award der Austrian Neuroscience Association, 2014 einen EMBO Young Investigator Award und ein Scholarship des FENS/Kavli Network of Excellence. Außerdem ist sie seit 2012 Mitglied der Jungen Kurie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. 2015–2017 war sie Berta Karlik-Professorin, seit 2017 ist sie Professorin für Chronobiologie an der Universität Wien., wo sie auch seit 2012 die Forschungsplattform "Rhythms of Life" leitet.

Insgesamt bereits 53 ERC Grants für die Universität Wien
Seit 2007 wurden bisher 10 ForscherInnen mit einem ERC Consolidator Grant ausgezeichnet. Dank 14 Advanced Grants, 26 ERC Starting Grants und 3 ERC Proofs of Concept liegt die Universität Wien bei nunmehr 53 ERC-Förderungen.

Rückfragehinweis

Mag. Alexandra Frey

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