Astrophysik-Publikation 1.000 Mal zitiert

Ein Artikel, den AstrophysikerInnen der Universität Wien vor 16 Jahren im Journal "Astronomy and Astrophysics Supplement" publiziert haben, feiert heuer eine Art runden Geburtstag: Insgesamt 1.000 Mal haben internationale FachkollegInnen auf diese Arbeit Bezug genommen.

In ihrer Arbeit von 1999 beschreiben u.a. Friedrich Kupka, Nikolaj Piskunov, Tanja Ryabchikova und Werner W. Weiss die Weiterentwicklung der "Vienna Atomic Line Data Base" an der Universität Wien, einer Datenbank über Eigenschaften der Elektronenhülle von Atomen — und mittlerweile auch von einfachen Molekülen. "Die Daten von VALD werden nicht nur in der Astrophysik benötigt, sondern zum Beispiel auch in der Plasmaphysik oder der Leuchtmittelindustrie", erklärt Werner W. Weiss vom Institut für Astrophysik der Universität Wien.

Zum Zeitpunkt, als die Publikation laut NASA ADS Abstract Service zum 1.000. Mal zitiert wird, sind die AutorInnen bereits in alle Welt verstreut. "Friedrich Kupka ist inzwischen habilitiert und war Gastwissenschafter an renommierten internationalen Universitäten und Forschungseinrichtungen. Jetzt arbeitet er am Institut für Mathematik an unserer Universität. Nikolaj Piskunov ist Professor in Uppsala, Tanja Ryabchikova ist ebenfalls habilitiert und arbeitet am astronomischen Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften", erzählt Weiss – er selbst ist der Universität Wien treu geblieben und kümmert sich auch nach seiner Pensionierung noch um UniBRITE, den Satelliten der Universität Wien.

Die Vienna Atomic Line Database (VALD) ist frei zugänglich und in den europäischen Datenbankverbund VAMDC integriert. Mit den Daten aus VALD können AstrophysikerInnen z.B. Spektrallinien identifizieren und analysieren, wie sie bei der Absorption und Emission von Licht in Gasen und in Plasma entstehen. Die verfügbaren Daten über Atome und Moleküle sind für viele Fragestellungen und Anwendungen aus den Naturwissenschaften, Technologie und der Medizin von großem Interesse.

 
Von der Lücke zur Lösung

Zitat Nr. 1.000 nehmen Friedrich Kupka und Werner W. Weiss zum Anlass, eine "erstaunliche Entwicklung an der Universität Wien mit einer vielleicht kuriosen Vorgeschichte" noch einmal Revue passieren zu lassen: "Die Vienna Atomic Line Data Base – kurz  VALD – wurde vom damaligen Diplomanden am Institut, Friedrich Kupka, begonnen, weil er es zu mühsam fand, dauernd in den zahlreichen verschiedenen Publikationen nach den neuesten Atomdaten zu suchen, die er für seine Arbeit benötigte", erzählt Weiss.

Denn Daten für die spektroskopische Untersuchung von Sternen wurden damals (wie oft auch heute noch) in der Fachliteratur weder in gleicher Weise dargestellt – etwa bezogen auf Einheiten und Referenzwerte –,  noch lagen sie stets in einer Form vor, die direkt elektronisch verarbeitet werden konnte. Friedrich Kupka machte sich also daran, eine Datenbank zu entwickeln. Zu Hilfe kam ihm Nikolaj Piskunov aus Moskau, ein Postdoc, der im Rahmen eines FWF-Projekts häufig die Universität Wien besuchte. "Nikolaj Piskunov entwickelte eine Software, mit der über E-Mail weltweit VALD abgefragt werden konnte – lange vor Google und ähnlichen Suchmaschinen", erinnert sich Friedrich Kupka.

Internationales Erfolgsprojekt

Das Problem von zum Teil widersprüchlichen Daten in den diversen Veröffentlichungen wurde schließlich durch das Einführen einer kritischen Reihung und Bewertung gelöst. "Diese wichtige Arbeit leitete Tanya Rybachikova, die wie ihr Landsmann Piskunov als Gastwissenschafterin an der Universität Wien tätig war", so Weiss, der das VALD-Projektteam leitete und über FWF-Förderungen finanzierte.

"Und so ist aus der der Suche eines Diplomanden nach einer bequemeren und effizienteren Möglichkeit, Daten aus der Fachliteratur für die spektroskopische Untersuchung von Sternen verfügbar zu machen, ein internationales Erfolgsprojekt geworden", freut er sich. Denn VALD wurde 2008 im Rahmen eines EU-Projektes unter Leitung des Pariser Observatoriums als Kernkomponente in einen europäischen Datenbankverbund, VAMDC (Virtual Atomic and Molecular Data Center), integriert. "Die Namensähnlichkeit kommt nicht von ungefähr", schmunzelt Weiss. (red)

Das Paper "VALD-2: Progress of the Vienna Atomic Line Data Base" (AutorInnen: F. Kupka, N. Piskunov, T.A. Ryabchikova, H.C. Stempels und W.W. Weiss) erschien im Juli 1999 im Journal "Astronomy and Astrophysics Supplement".