Cousine Chilli trifft Vetter Paprika

Die Verwandtschaftsbeziehungen und die Genomevolution in Capsicum interessieren die Botanikerin Hanna Schneeweiss von der Universität Wien, die soeben ein neues FWF-Projekt gestartet hat.

Wenn Sie diese Zeilen lesen, ist Hanna Schneeweiss bereits sehr beschäftigt. Mit ihrem neuen FWF-Projekt, das am 1. Juli startete. "Wir erforschen die Diversität und Evolution von Paprika und Chillis", erklärt die Wissenschafterin vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung an der Fakultät für Lebenswissenschaften.

Schneeweiss hat es nicht weniger als auf eine gesamte Gattung weltweit abgesehen, und zwar auf "Capsicum (Solanaceae)", das aus etwas mehr als 40 Arten besteht. Fast alle Arten sind in Mittelamerika zentriert und von großer wirtschaftlicher Bedeutung: Die Gattung beinhaltet die weltweit bedeutenden Gemüse- und Gewürzpflanzen Paprika und Chilli. Schneeweiss geht es primär darum, die Verwandtschaftsverhältnisse zu enträtseln.

Veränderte Chromosomenanzahl

Von den KooperationspartnerInnen in Argentinien bekommt Schneeweiss Samen und getrocknete Blätter, um die Chromosomen zu bestimmen. "Ein wichtiger Punkt ist auch die Evolution des Genoms zu untersuchen", sagt sie. "Wir sind weniger am gesamten Genom interessiert – es gibt bereits Analysen, die uns recht genau verraten, wofür welches Gen zuständig ist –, als vielmehr etwas über Entstehung der beiden Chromosomengrundzahlen herauszufinden." Ein großer Teil des Genoms produziert keine Proteine und kodiert für nichts – doch genau dafür interessiert sich Schneeweiss. "Einige der Arten haben 24 andere 26 Chromosomen. Es wäre interessant herauszufinden, warum sich die Chromosomenanzahl geändert hat." Obwohl es nur zwei Chromosomenzahlen gibt und alle diploid sind, ist das Genom ganz unterschiedlich groß. Warum? Genau dem will Schneeweiss nachgehen.

Paprika und Co im Botanischen Garten

"Wir haben bereits begonnen, einige Arten, die leicht zu ziehen sind, in unserem Gewächshaus im Botanischen Garten anzubauen", erzählt Schneeweiss. Je nach Art ist unterschiedlich viel Geduld gefragt. Einige wachsen rasch, innerhalb einer Woche, andere brauchen auch einen Monat. Nachdem es sich um eine Kooperation handelt, werden sich die KollegInnen aus Argentinien um die Verwandtschaftsverhältnisse kümmern. "Sie haben bereits einige Gene sequenziert", sagt Botaniker Friedrich Ehrendorfer, emeritierter Professor an der Universität Wien, der an dem Projekt maßgeblich beteiligt ist. "Und schon eine Idee, was die Verwandtschaft anbelangt." Ihre Daten kann Schneeweiss' Team nutzen, um die Evolution von Eigenschaften zu bestimmen. "Zum Beispiel, woher die Schärfe der Chilli kommt."

Nicht alle können dasselbe

Bei Capsicum handelt es sich um eine von Menschen stark kultivierte Art. Es wurden also ganz spezielle, gewünschte Eigenschaften gezüchtet. "Wir würden uns gerne anschauen, wie das mit der Evolution von Wildarten zusammenpasst." Die repetitive DNA wilder und kultivierter Capsicum-Sippen wird genauer charakterisiert, um jene Elemente, die für Genomgrößenänderungen verantwortlich sind, zu identifizieren. Schließlich werden die genetischen Grundlagen unterschiedlicher reproduktiver Strategien der kultivierten Chilli Capsicum pubescens mittels S-Genotypisierung charakterisiert, um die Rolle von Selbstinkompatibilität für die Artendiversität zu verstehen.

Fokus in Wien: "Wir werden die Pflanzen wachsen lassen, die DNA erhalten und sie zu ExpertInnen schicken, die Next-generation sequencing data macht. Wir wollen bei allen das gesamte Genom analysieren, um herauszufinden, welche Teile bei allen häufig vorkommen. Wo in den Chromosomen sind diese Teile vorhanden? Wo die Veränderungen? Und wie ist das mit dem Lauf der Evolution verbunden?" Viele Capsicumblüten sind zwittrig, aus diesem Grund können sie sich selbst befruchten. Einige können es aber nicht. Warum? "Lauter aufregende Fragen", schließt Hanna Schneeweiss und will es in den nächsten drei Jahren herausfinden.

Das FWF-Projekt "Diversität und Evolution von Paprika und Chillis" unter der Leitung von Hanna Schneeweiss vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien startete am 1. Juli 2015 und läuft bis 30. Juni 2018.