Das Zünglein an der Nährstoffwaage

Protein, Vitamin D und Omega 3-Fettsäuren: Ob eine erhöhte Aufnahme dieser Nährstoffe in Kombination mit Krafttraining zum gesunden Altern beiträgt, untersucht ein interdisziplinäres Uni Wien-Team um Ernährungswissenschafter Karl-Heinz Wagner im großangelegten EU-Projekt NutriAging.

Das Stiegensteigen wird zur Qual, die Stürze häufen sich, sogar das morgendliche Aufstehen ist mit Mühe verbunden: Den schleichenden Verlust von Muskelkraft im Alter nennen MedizinerInnen Sarkopenie. Die damit einhergehenden funktionellen Einschränkungen sind für viele ältere Menschen gravierend. Ob eine erhöhte Nährstoffzufuhr und ein verändertes Bewegungsverhalten dem Muskelschwund im Alter entgegenwirken können, soll das aktuelle EU-Projekt NutriAging unter der Leitung von Ernährungswissenschafter Karl-Heinz Wagner klären.

Auf die Dosis kommt es an

Wagner und sein Team untersuchen, wie Protein, Vitamin D und Omega 3-Fettsäuren – Nährstoffe, die im Alter und für das Altern wichtig sind – alleine und in Kombination mit Krafttraining bestimmte Biomarker beeinflussen. Die Nährstoffzufuhr muss im Alter erhöht werden, so die These der WissenschafterInnen. Zur Überprüfung der These ist eine großangelegte Humanstudie geplant: "Eine Gruppe nimmt die Nährstoffe gemäß der Empfehlungen auf, die restlichen ProbandInnen erhalten über einen Zeitraum von 15 Wochen die doppelte Dosis. In den letzten acht Wochen der Studie wird zusätzlich zweimal pro Woche ein progressives Krafttraining unter Anleitung durchgeführt", erklärt der Projektleiter. Begleitend untersuchen er und seine ForschungskollegInnen die allgemeine Gesundheit, Leistungsfähigkeit den Nährstoffstatus sowie viele molekulare Biomarker der TeilnehmerInnen.

Das NutriAging-Team freut sich über Ihre Unterstützung. Gesucht werden in Wien lebende ProbandInnen zwischen 65 und 85 Jahren, die gesund sind und kein regelmäßiges Krafttraining machen.
HoliHo/pixabay CC0)
Mehr Informationen zur Studie

Früh übt sich

Sport und Gemüse oder Netflix und Fastfood? Schon in jungen Jahren legen wir das Fundament für unser Wohlbefinden im Alter. "Bereits im mittleren Erwachsenenalter beginnt der Körper, Muskeln abzubauen. Wenn ein schlechter Lebensstil, Bewegungsmangel und eine nährstoffarme Ernährung dazukommen, steigt das Risiko für drastischen Muskelschwund im Alter", so die Uni Wien-WissenschafterInnen. Aus diesem Grund richten sie ihren Blick in zukünftigen Studien auch auf die jüngeren Älteren: "Die frühen Interventionen bei den 45- bis 60-Jährigen haben eine langfristige Wirkung."

Empfehlungen auf dem Prüfstand

Ein Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht täglich – so wird nach offiziellen Empfehlungen für ältere Personen, die ideale Menge an Proteinen berechnet. "Der Richtwert sollte dem Alter angepasst sein und könnte durchaus erhöht werden", meint das ForscherInnenteam. Im Rahmen des Projekts hinterfragen, aktualisieren und erstellen sie Guidelines und Empfehlungen für SeniorInnen, aber auch für viele Menschen, die beruflich mit älteren Personen zu tun haben. Geplant sind darüber hinaus Workshops sowie die Entwicklung von Lehr- und Schulungsmaterialien für Betreuungs- und Pflegepersonal – aber auch ein Erweiterungscurriculum zum Thema Alter und Lebensqualität steht kurz vor der Umsetzung.

Ernährung im Vordergrund

Das aktuelle EU-Projekt baut auf der interdisziplinären Forschungsplattform ActiveAging auf, bei NutriAging steht jedoch die Ernährungskomponente im Vordergrund. "Wir untersuchen den Einfluss von Nährstoffen, die eine entscheidende Rolle im Muskelstoffwechsel spielen", so das  Team. Das ambitionierte Forschungsdesign ist im internationalen Vergleich bis dato einzigartig: "Wie Protein, Vitamin D und Omega 3-Fettsäuren zusammen mit Krafttraining im Alter wirken, wurde noch nicht ausreichend untersucht. Das wollen wir ändern". (hm)

Das Projekt "NutriAging" unter der Leitung von Univ.-Prof. Mag. Dr. Karl-Heinz Wagner und der Mitarbeit von Sandra Unterberger, BSc, Patrick A. Zöhrer, BSc BSc MSc sowie Mag. Dr. Bernhard Franzke, Bakk. ist am Department für Ernährungswissenschaften der Universität Wien angesiedelt und wird in Kooperation mit dem Zentrum für Sportwissenschaft der Universität Wien (Assoc. Prof. B. Wessner und Univ. Prof. H. Tschan), der Comenius Universität Bratislava und vielen nationalen und internationalen Partnern durchgeführt. Das Projekt läuft von 2017 bis 2021 und wird von der EU, Interreg Solvakia-Austria (2014-2020) und dem European Regional Development Fund gefördert.