Neurobiologie: Schmerz des Mitfühlens
| 14. Februar 2012Was passiert im Gehirn eines Menschen, wenn er sieht, wie eine andere Person gerade Schmerzen ertragen muss? Mit der Fähigkeit zum Mitfühlen – der Empathie – beschäftigt sich Claus Lamm an der Fakultät für Psychologie.
Durch Manipulation des körpereigenen Opiatsystems werden Claus Lamm vom Institut für Psychologische Grundlagenforschung und Forschungsmethoden und Christian Windischberger von der Medizinischen Universität Wien klären, ob im Gehirn einer Person, die einen anderen Menschen mit Schmerzen beobachtet, ähnliche Prozesse ablaufen, wie beim direkten Schmerzerleben.
Schutzmechanismus Opiatsystem
Das Opiatsystem setzt körpereigene Neurotransmitter im Gehirn frei, die an den synaptischen Übergängen zwischen Nervenzellen die Übertragung von Schmerzen unterdrücken. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um einen Schutzmechanismus des Körpers, der dazu dient, die Reaktionen auf Belastungen zu dämpfen. Die Wissenschafter untersuchen nun die Rolle, die dieses System im Hinblick darauf spielt, wie sehr man mit anderen Personen mitfühlen kann.
Claus Lamm forscht im Feld der Sozialen Neurowissenschaften. |
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"Wir manipulieren sozusagen das Opiatsystem, während die Personen entweder selbst Schmerzreize bekommen oder andere Menschen dabei beobachten, während sie solche Reize erhalten", so der Projektleiter. Unklar ist nämlich noch die Frage, ob bei der Wahrnehmung von Schmerzen, die man selbst erleidet, und der Wahrnehmung von Schmerzen anderer Personen wirklich das gleiche neuronale System aktiv ist.
Opiatrezeptoren blockieren
Das Schmerzsystem zu untersuchen hat den Vorteil, dass es sich um ein spezifisches Neurotransmittersystem handelt, das sich gezielt manipulieren lässt. Im Experiment werden die Opiatrezeptoren der Versuchspersonen medikamentös blockiert. Der Psychologe erklärt: "Fällt nun das Mitfühlen auch höher aus, wenn das Schmerzempfinden künstlich erhöht ist, kann man darauf schließen, dass tatsächlich das gleiche System am Werk ist."
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Die Forscher wollen auch genetische Analysen durchführen. Ziel sei, jene Menschen zu identifizieren, die in stärkerem Ausmaß über diese Opiatrezeptoren verfügen, was sich laut Lamm wiederum auf die Schmerzwahrnehmung auswirkt. Die Überlegung dahinter ist, dass sich die Anzahl der Rezeptoren möglicherweise auch auf die Empathie auswirken könnte.
"Die größte Herausforderung liegt darin, dass wir es mit sehr unterschiedlichen Forschungsebenen zu tun haben: Unsere Arbeit reicht von der Genetik bis zur Verhaltensforschung. Der enorme Aufwand, den wir betreiben, zeigt sich auch bei der Größe unserer Stichprobenwahl, die insgesamt 750 Personen umfasst", schließt Lamm. (APA/dh)
Das dreijährige Projekt "The role of the opioid system for empathic responses to pain and their link to prosocial behaviour – OPIOIDEMPATHY", das am 1. März 2012 startet, wird aus den Mitteln des Cognitive Sciences Call 2011 des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) gefördert. Projektleiter ist Univ.-Prof. Mag. Dr. Claus Lamm, Leiter der Social, Cognitive and Affective Neuroscience Unit an der Fakultät für Psychologie. Er kooperiert mit Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. Christian Windischberger von der Medizinischen Universität Wien.