Friedrich Rüffler: Konflikte des Rechts lösen

Eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe des Rechtssystems besteht in Konfliktlösung. Doch was passiert, wenn die Gesetze, die das allgemeine Zusammenleben stützen sollen, selbst unterschiedliche Auffassungen und Bestimmungen wiedergeben? Der Jurist Friedrich Rüffler, seit Oktober 2010 Professor für Unternehmensrecht und stellvertretender Vorstand des Instituts für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht, kennt diese Problematik: In seiner Antrittsvorlesung am Mittwoch, 29. Juni 2011, zeigt er solche Rechtskonflikte anhand des Gesellschafts- und des Kapitalmarktrechts auf und begibt sich auf die Suche nach Lösungsansätzen.

"Gesetze sichern nicht nur das friedliche Zusammenleben in einer Gesellschaft. Sie sind auch ungemein spannend, weil sie erklären, wie unser gemeinschaftlicher Zusammenschluss eigentlich funktioniert", beschreibt Friedrich Rüffler die persönliche Faszination, die ihn mit den Rechtswissenschaften verbindet. Ob in seiner Studienzeit (inklusive Doktorat 1986 bis 1995), seiner Zeit als Universitätsassistent (1994 bis 2002) oder als Inhaber der Professur für Privatrecht am Institut für Rechtswissenschaft der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt (2004 bis Oktober 2010) – die Begeisterung für das Fach zieht sich wie ein roter Faden durch seinen akademischen Werdegang.

Spezialist mit Blick auf das große Ganze

"Die 'Juristerei' ist eine sehr praxisorientierte Wissenschaft, die auf Basis der Rechtsgrundlagen ein bestimmtes Problem lösen soll", erklärt Rüffler. Sein persönlicher Forschungsschwerpunkt findet sich dabei im Unternehmensrecht: "Ich beschäftige mich vor allem mit dem Gesellschaftsrecht – also jenen Gesetzen, die immer dann zum Zug kommen, wenn sich mehrere Personen zusammenschließen, um einen gemeinsamen wirtschaftlichen Zweck zu verfolgen –, dem Kapitalmarktrecht, dem Wettbewerbsrecht und dem Europäischen Wirtschaftsrecht."

Trotz der offenkundigen Schwerpunktlegung lässt sich der bereits mit mehreren Auszeichnungen bedachte Wissenschafter – Walther-Kastner-Preis (2003), Kardinal-Innitzer-Förderpreis (2002), Prix Jacques Lassier de la Ligue Internationale du Droit de la Concurrence (1998), Walter-Haslinger-Preis (1998), Preis des Kulturfonds der Landeshauptstadt Salzburg (1998 und 2002) – nur ungern in die "Spezialisten-Schublade" stecken: "Ich möchte am Ende des Tages nicht nur ein Spezialist sein, sondern versuche, meine Themen breit zu halten. Es ist mir sehr wichtig, den Blick auf das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren."

Von Problemlösungskompetenz ...

Die Umsetzung dieser Grundhaltung ist dem Rechtsexperten auch im Umgang mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs ein Anliegen. In der Lehre geht es Rüffler in erster Linie darum, den Studierenden das mithilfe von Büchern angeeignete Wissen anhand von konkreten Beispielen aus der Praxis zu verdeutlichen. "Nur auf diese Weise ist es möglich, Querverbindungen herzustellen und den Blick auf größere Zusammenhänge zu schärfen", ist er überzeugt. Die Aufgabe eines Studiums sieht er nicht nur in der bloßen Vermittlung einer Anhäufung von Detailwissen, sondern im Erwerb einer gewissen Problemlösungskompetenz: "Wenn man das Basis-Handwerk gelernt und die verschiedenen methodischen Grundlagen verstanden hat, sollte man die Probleme, die sich einem stellen, selbst lösen können."

... und Rechtskonflikten

Mit einer ganz besonderen Art rechtlicher Probleme wird sich Friedrich Rüffler in seiner Antrittsvorlesung am Mittwoch, 29. Juni 2011, auseinandersetzen: "Ich werde das schwierige Verhältnis von Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht erläutern – zwei Bereiche, die zwar denselben Gegenstand regeln, aber völlig unterschiedliche Zielsetzungen haben. Als Konsequenz kommt es zu Konflikten und es muss geklärt werden, ob die Gesetzeslage des einen Rechtsbereichs diejenige des anderen überflüssig macht bzw. sie ihr vielleicht sogar überlegen ist."

In der Praxis sind derartige Rechtskonflikte keine Seltenheit. Rüffler verweist in diesem Zusammenhang etwa auf das Beispiel von Prospekthaftungsansprüchen: "Nehmen wir an, dass Anleger Aktien einer Gesellschaft zeichnen aber im Nachhinein draufkommen, dass sie aufgrund eines übertrieben positiven Prospekts – wenn man Aktien öffentlich anbietet, muss man einen Prospekt veröffentlichen, der das Angebot und seine Risiken etc. darstellt, damit sich die Anleger ein fundiertes Urteil bilden können – getäuscht worden sind und nun Schadenersatz von der Gesellschaft fordern. In diesem Fall gibt es einen gesellschaftsrechtlichen Grundsatz, der 100 Jahre alt ist und besagt, dass es Aktionären nicht möglich ist, von der eigenen Gesellschaft Schadenersatz zu fordern. Gleichzeitig existiert im Kapitalmarktrecht aber eine Regelung, die in einem solchen Fall sehr wohl Prospekthaftungsansprüche zugesteht. Letztendlich muss geklärt werden, welche Vorschrift zur Geltung kommen soll." (ms)

Die Antrittsvorlesung von Univ.-Prof. Mag. Dr. Friedrich Rüffler, Professor für Unternehmensrecht am Instituts für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht, zum Thema "Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht: Über eine schwierige Beziehung" findet am Mittwoch, 29. Juni 2011, um 18 Uhr gemeinsam mit Univ.-Prof. MMag. Dr. Sabine Kirchmayr-Schliesselberger vom Institut für Finanzrecht im Kleinen Festsaal der Universität Wien statt.