Nikolaus Forgó: "Das Internet ist ein stark regulierter Raum"

Nikolaus Forgó

Nach mehreren Jahren Auslandserfahrung kommt Rechtswissenschafter und Datenschutzexperte Nikolaus Forgó nicht nur als neuer Professor an die Universität Wien zurück, er leitet auch das mit ihm neu gegründete Institut für Innovation und Digitalisierung im Recht.

"Wirklich weg aus Wien war ich ja nie", sagt Nikolaus Forgó, seit Oktober 2017 Professor für Technologie- und Immaterialgüterrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. Rund 15 Jahre lang war der Rechtsinformatiker an der Leibniz Universität Hannover (LUH) tätig, pendelte jedoch regelmäßig nach Wien, wo er seit 1998 den von ihm gegründeten Lehrgang Informations- und Medienrecht an der Uni Wien leitet.

Seit 2017 ist der gebürtige Wiener Vorstand des neuen Instituts für Innovation und Digitalisierung im Recht: "Das ist für mich eine einmalige Chance. Gleichzeitig bin ich aber auch an allem schuld, was schief geht", schmunzelt Forgó und betont: "Es ist eine spannende Aufgabe mit großer Perspektive."

Das Internet boomt

Doch zurück zu den Anfängen: Rechtswissenschaften inskribierte Nikolaus Forgó 1986. Gleichzeitig beschäftigte er sich bereits mit den Frühformen von Informatik. In den Rechtswissenschaften fand er seine Interessen gut vertreten. Nach seinem Studienabschluss 1990 wurde Forgó Assistent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni Wien. "Es war die Zeit, wo das Internet losging, und ich fand das alles sehr spannend. Damals war ich einer der ersten am Juridicum mit einer eigenen E-Mail-Adresse", erinnert sich Forgó: "Natürlich hat mich das neue Gebiet auch rechtlich ungemein interessiert."

So ist es wenig überraschend, dass Forgó bis zum Jahr 2000 IT-Beauftragter der Rechtswissenschaftlichen Fakultät war. Es folgte das Angebot von der LUH, eine Professur für Rechtsinformatik zu verwalten: "Das war damals natürlich eine interessante Herausforderung für mich, den Bereich der Rechtsinformatik mit aufzubauen." 2002 erhielt Nikolaus Forgó in Hannover die erste Professur für IT-Recht und Rechtsinformatik, die er bis 2017, also bis zu seinem fixen Wechsel an die Universität Wien, innehatte.

Wissenschaftsfilmtag "Bereits zugestimmt"  
Beim Wissenschaftsfilmtag am Uni Wien Campus am Dienstag, 12. Juni, dreht sich alles um Datensicherheit im Internet – mit den Filmen "Citizenfour" und "Terms and Conditions May Apply". Special Guests: Thilo Körkel, Christoph Krachten, Philipp Walther, Nikolaus Forgó und Max Schrems. Nähere Informationen und Programm (© istockphoto/Jakarin2521)

Neuartige Rechtsfragen

Mit der Gründung des neuen Wiener Instituts, das sich schwerpunktmäßig mit Rechtsfragen rund um IT/IP aus einer europäischen Perspektive beschäftigt, liege die Universität Wien laut Forgó im Trend und sei besonders im deutschsprachigen Raum Vorreiter. "Durch die Digitalisierung und das Internet entstehen unglaublich schnell neue Märkte und damit auch neue soziale Probleme – weltweit", erklärt Forgó: "Wir sind also ständig mit neuartigen Rechtsfragen und Aufgaben konfrontiert. Unser Institut sehe ich als die Schnittstelle der Juristischen Fakultät ins 21. Jahrhundert."

Rechtsfreier Raum?

Landläufig wurde – gerade in den ersten Jahren – das Internet oft als rechtsfreier Raum bezeichnet. "Das war schon immer Unsinn. Der Eindruck wird erweckt, weil ständig neue technische Entwicklungen entstehen, die man oft rechtlich gar nicht so schnell einordnen kann", sagt Forgó: "Generell ist das Internet sogar ein sehr stark regulierter Raum, viel mehr als unser 'offline' Alltag. Ein Beispiel: Bin ich in der Stadt unterwegs, kann ich entscheiden, wo ich über die Straße gehe. Im Internet habe ich viel weniger Wahlmöglichkeiten und werde stärker geleitet, etwa wie ich zu einem Suchergebnis komme."

Wem gehören die Daten?

"In puncto Datenschutz geht es im Prinzip seit 30 Jahren um fundamentale Wertentscheidungen und die Frage, ob es Sinn ergibt, zwischen personen- und nicht personenbezogenen Daten zu unterscheiden", erläutert Forgó, der seit Jahren umfangreiche Grundlagen- und Drittmittelforschung speziell zu Datenschutz- und Datensicherheitsrecht betreibt.

Viel diskutiert wird derzeit zum Beispiel, wem die Daten von selbstfahrenden Autos gehören. Bis dato gibt es dazu noch keine konkrete Antwort. Gehören die Daten den HerstellerInnen oder den BesitzerInnen der Autos? Forgó ist überzeugt, dass es kein Eigentum an Daten geben sollte: "Besser wäre es, wenn der Zugang vertraglich zwischen Parteien geregelt würde."

Interdisziplinäre Sicht

In der Gründung des neuen Instituts sieht der Datenschutzexperte eine große Chance für Studierende. "Mir ist es wichtig, StudentInnen eine interdisziplinäre Sichtweise zu vermitteln, denn nur so lassen sich Fragen rund um das IT-Recht bearbeiten", so Forgó: "Weiters sollen sie auf neu entstehende Berufsfelder vorbereitet werden. Hier wird sich in den nächsten Jahren viel tun."

Ein Beispiel für ein neues Geschäftsmodell an der Schnittstelle zwischen IT und Recht sind etwa sogenannte Fluggast-Portale. Bei kleineren Konflikten war es für Fluggäste oft zu teuer, sich an eine Anwältin oder einen Anwalt zu wenden. Hier kommen die Fluggast-Portale ins Spiel: Sie bieten Hilfe bei Streitfällen, ohne Honorar, dafür schneiden sie beim Streitbetrag prozentuell mit. (Pexels/skitterphoto.com, CC0)

Soziale Medien

Rein aus professioneller Neugier nützt Nikolaus Forgó auch viele soziale Medien, wie Facebook oder Twitter. "Ich muss sie natürlich für meine Arbeite kennen, nutze sie aber auch privat sehr gerne", so Forgó abschließend. (td)

Nikolaus Forgó ist seit Oktober 2017 Professor für Technologie- und Immaterialgüterrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. Am Donnerstag, 7. Juni 2018, hält er gemeinsam mit Barbara Prainsack, seit Oktober 2017 Professorin für Vergleichende Politikfeldanalyse am Institut für Politikwissenschaft, um 17.30 Uhr am Juridicum seine Antrittsvorlesung zum Thema "An (und in) der Zukunft arbeiten: Gesellschaftsordnungen im Zeitalter der Digitalisierung". Einladung zur Antrittsvorlesung (PDF)