Sabine Kirchmayr-Schliesselberger: Alles ums liebe Geld

Durch das Bundesbegleitgesetz (BBG) 2011 wurde die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen grundlegend reformiert. Die Eckpunkte der Reform behandelt Sabine Kirchmayr-Schliesselberger, seit Oktober 2010 Professorin für Finanzrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, in ihrer Antrittsvorlesung am Mittwoch, 29. Juni 2011. Mit den rechtlichen Aspekten rund ums liebe Geld kennt sich die gebürtige Welserin aus: Nach mehr als zehn Jahren als Steuerberaterin bereichert sie Forschung und Lehre am Institut für Finanzrecht mit ihrem fundierten Praxiswissen.

Studiert hat die zielstrebige Oberösterreicherin an der Universität Innsbruck: Rechtswissenschaften und Betriebswirtschaftslehre. Bei der Wahl ihres Studienortes hat es sie vielleicht auch ein klein wenig in die Nähe der Heimat ihrer Familie mütterlicherseits – das Südtiroler Vinschgau – gezogen: Hier verbrachte Sabine Kirchmayr-Schliesselberger als Kind jeden Sommer.

An der Universität Innsbruck lernt sie ihren Mentor Werner Doralt kennen: "Professor Doralt verdanke ich meine Begeisterung für die komplexe Logik des Steuerrechts", so die Rechtswissenschafterin, die während ihrer Praxisjahre den Kontakt zu ihrem Doktorvater nie ganz abgebrochen hat und – als es "gerade irgendwie gut passte" – im Rahmen eines Sabbaticals unter seiner Betreuung auch ihre Habilitation abschloss.

Wissenschafterin mit Praxisbezug

Seit einigen Jahren selbst Professorin, tritt Kirchmayr-Schliesselberer nun die Nachfolge von Werner Doralt am Institut für Finanzrecht der Universität Wien an. Aus ihren "prä-universitären" Berufsjahren als Schriftführerin am Verwaltungsgerichtshof, Konzipientin einer Rechtsanwaltskanzlei und schließlich als Steuerberaterin in diversen Kanzleien, seit 2003 als Partnerin bei LeitnerLeitner, bringt sie reichhaltige Erfahrungsschätze mit in die Wissenschaft: "In der Praxis wird man mit Fragestellungen konfrontiert, auf die man am Schreibtisch gar nicht kommen würde. Mein praktischer Hintergrund spiegelt sich auch in Zugängen und Lösungsansätzen wider: Ich prüfe jede Lösung zu einem Problem auf Praxistauglichkeit."

"Praxistauglichkeit" spielt auch in der Lehre eine Rolle: "Bei mir soll fürs (Berufs-)Leben gelernt werden", lautet das Motto der 43-Jährigen, die vor ihrem Ruf an die Universität Wien von 2004 bis 2009 an der Universität Salzburg Finanzrecht lehrte und  ihre Lehrziele wie folgt formuliert: die Studierenden erstens auf die Praxis und zweitens auf die Prüfungen vorbereiten. "Die StudentInnen selbst würden diese Ziele wohl genau umgekehrt reihen", schmunzelt die Professorin. Steuerrecht ist ein Pflichtfach im juristischen Studium – und das ist laut Kirchmayr-Schliesselberger auch gut so, "denn es spielt in nahezu alle rechtswissenschaftlichen Bereiche hinein: Kein klassischer Rechtsanwalt oder Notar kommt heute ohne steuerrechtliches Grundlagenwissen aus."

Von kapitalmarktbezogenem Steuerrecht und Konzernsteuerrecht ...

In der Forschung will sie ihre bisherigen Forschungsschwerpunkte fortführen: die Besteuerung der Kapitalveranlagung, das Thema, das sie für ihre Antrittsvorlesung gewählt hat. Und die Konzernbesteuerung: Dazu erscheint in nächster Zeit ein – zusammen mit Markus Achatz (Universität Linz) herausgegebener – Körperschaftsteuerkommentar. Gemeinsam mit Gunter Mayr, der am Institut für Finanzrecht und im BMF tätig ist, wird sie den Einkommenensteuer-Kommentar von Doralt fortführen, das Standardwerk in diesem Bereich.

... bis zu Sozialbetrug aus finanzrechtlicher Sicht

Weiters möchte sie die interdisziplinären Kooperationen des Instituts weiter ausbauen. "Zurzeit bin ich an einem spannenden Projekt in Zusammenarbeit mit dem Institut für Strafrecht zum Thema Sozialbetrug im Zusammenhang mit Lohn- und Sozialdumping beteiligt – ein Phänomen, das insbesondere in der Bauwirtschaft zu beobachten ist", so Kirchmayr-Schliesselberger, die im Projekt, das von Susanne Reindl-Krauskopf (Institut für Strafrecht und Kriminologie) geleitet wird, den steuerrechtlichen Teil abdeckt.

Für die nähere Zukunft ist der Aufbau eines interdisziplinären Forschungsschwerpunkts im Bereich Bilanzrecht geplant, ein breites Forschungsfeld, das die Finanzrechtlerin besonders interessiert: "Hier werde ich eng mit Friedrich Rüffler vom Institut für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht zusammenarbeiten." Gemeinsam mit Rüffler hält sie auch die Antrittsvorlesung am 29. Juni im Großen Festsaal.

Mit Engagement zum Ziel

Nach Feierabend kann es durchaus passieren, dass man Sabine Kirchmayr-Schliesselberger auf der Prater-Hauptallee oder im Wienerwald über den Weg läuft – seit zwei Jahren ist sie jedoch vermehrt ohne Joggingschuhe, dafür mit Kinderwagen unterwegs: Seit der Geburt ihrer Tochter Alina hat die engagierte Hobbyläuferin, die 2008 gemeinsam mit drei Freundinnen die Frauenstaffel beim Wien-Marathon gewonnen hat, nicht mehr so viel Zeit fürs Laufen, Montainbike- oder Rennradfahren: "Jede freie Minute gehört meiner Familie", so die engagierte Wissenschafterin und Mutter, die überzeugt davon ist, dass "mit Einsatz und Begeisterung nicht viel schiefgehen kann." Mit einem Geheimtipp für die nächste Steuererklärung kann Sabine Kirchmayr-Schliesselberger leider nicht aufwarten: "Wenn es denn einen gäbe, dann bräuchte ich ihn auch", lacht sie. (br)


Univ.-Prof. MMag. Dr. Sabine Kirchmayr-Schliesselberger vom Institut für Finanzrecht hält ihre Antrittsvorlesung zum Thema "Steuerrecht und Kapitalmarktrecht: Neuerungen durch das BBG 2011" am Mittwoch, 29. Juni 2011 um 18 Uhr im Großen Festsaal der Universität Wien – gemeinsam mit Univ.-Prof. Mag. Dr. Friedrich Rüffler, Institut für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht, der zum Thema "Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht: Über eine schwierige Beziehung" sprechen wird.