In memoriam Max Demeter Peyfuss (1944–2019)

Schwarze Fahne über dem Haupteingang des Hauptgebäudes der Universität Wien

Das Institut für Osteuropäische Geschichte trauert um Maximilian (alias Max Demeter) Peyfuss, der 13. April 2019 verstorben ist. Der bibliophile und polyglotte Maximilian Peyfuss war dem Institut seit 1971 verbunden.

Wir, die Angehörigen des Instituts für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien, betrauern das Ableben unseres langjährigen Kollegen und lieben Freundes Max Demeter Peyfuss, dessen Herz am 13. April 2019 in der Bibliothek seines Altersdomizils in Baden bei Wien zu schlagen aufgehört hat.

Max Demeter wurde am 2. August 1944 in Wien geboren und lebte bis vor wenigen Jahren in seinem geliebten Maria Enzersdorf, wo seine unmittelbaren Vorfahren einen imposanten Landsitz samt Atelier hatten erbauen lassen. Er entstammte mütterlicherseits einer südosteuropäischen (aromunischen) Händler- und Bankiersdynastie, väterlicherseits einer niederösterreichischen Künstlerfamilie. Max Demeter hat beide Herkunftsfamilien in seinem Namen vereinigt: mit dem zweiten Vornamen den urgroßväterlichen Bankier Demeter Tirka, mit dem Nachnamen den künstlerischen Großvater Carl. Wer den Stiegenaufgang des Haus-, Hof- und Staatsarchivs in Wien aufmerksam betrachtet, kann ein monumentales Wandgemälde von der Eröffnung des Hauses durch Kaiser Franz Joseph im Beisein vieler Honoratioren bewundern. Das Gemälde stammt von Carl Johann Peyfuss, Max Demeters Großvater, der sich auch am Rande des Gemäldes selbst verewigt hat.

Südosteuropahistoriker Maximilian Peyfuss verstarb am 13. April 2019. Der sprachbegabte mit einer dichterisch-schriftstellerischen Ader ausgestattete Wissenschafter forschte u.a. zu AromunInnen, Rumänien und Albanien und engagierte sich gesellschaftspolitisch genauso wie für KollegInnen in und außerhalb der Universität Wien. (© Phillip Hauck-Tyran)

Nach der Matura am Bundesgymnasium Mödling studierte Max Demeter zunächst zwei Semester Chemie, ehe ihn ein Urlaub in Griechenland, dem Land seiner Vorfahren, die Augen und Sinne für das Studium der Osteuropäischen Geschichte, von Balkansprachen, der Germanistik und Theaterwissenschaft an der Universität Wien öffnete. Mit einer vorbildlichen Dissertation zur Geschichte der Aromunen begann seine wissenschaftliche Karriere. Die daraus hervorgehende Publikation "Die Aromunische Frage. Ihre Entwicklung von den Ursprüngen bis zum Frieden von Bukarest und die Haltung Österreich-Ungarns" (Wien/Köln/Graz 1974) stellte die erste moderne Veröffentlichung in deutscher Sprache zu dieser über den halben Balkan verstreuten Ethnie dar. Bald nach seiner Promotion 1971 wurde Dr. Peyfuss Mitarbeiter in der Redaktion der "Österreichischen Osthefte", die er einige Jahre als Nachfolger von Professor Thorvi Eckhardt auch hauptverantwortlich führte. In dieser damals führenden österreichischen Osteuropa-Zeitschrift publizierten nicht nur viele namhafte westliche Osteuropa-Wissenschafterinnen und -Wissenschafter, sondern ebenso eine ganze Reihe führender Fachvertreterinnen und Fachvertreter aus den ost- und südosteuropäischen Ländern. Damit leistete die Zeitschrift bereits lange vor dem Fall des Eisernen Vorhangs wesentliche Beiträge zu seiner geistig-kulturellen Überwindung, was bei Max Demeter durchaus intendiert war.

Die feine Feder (ohne sein prüfendes Auge verließ nahezu kein wissenschaftlicher Beitrag einen kollegialen Schreibtisch) und die hervorragende Kenntnis auch der westeuropäischen Sprachen – Max Demeter nahm ab dem Jahr 1974 regelmäßig Lehraufträge in mehreren amerikanischen Lehrprogrammen wahr – überzeugten seinen Dissertationsvater Walter Leitsch, ihn im Jahre 1979 als Universitätsassistenten an das Institut für Osteuropäische Geschichte zu holen. Neben intensivem Einsatz in der Lehre, nicht zuletzt auch in der selbstlosen Beratung vieler Studierender und mancher ausländischer Stipendiatinnen und Stipendiaten, wurde Max Demeter Redakteur der in Krakau erscheinenden Serie "Studia Austro-Polonica". Seine Südosteuropa-Studien vertiefte er vor allem in Richtung Rumänien und Albanien und habilitierte sich im Jahre 1989 mit einem Buch zur Wirkungsgeschichte der "Druckerei von Moschopolis" im Fach "Südosteuropäische Geschichte". Diese Publikation über Buchdruck und Heiligenverehrung im Erzbistum Achrida/Ohrid wurde 2003 auch ins Albanische übersetzt.

Im September 1989 fuhr Max Demeter mit Arnold Suppan zur großen Südosteuropa-Konferenz der AIESEE nach Sofia. Eben hatte der Konflikt um die zahlreiche türkische Minderheit in Südost-Bulgarien seinen Höhepunkt erreicht, sodass alle türkischen Kolleginnen und Kollegen ihre Teilnahme an der Konferenz absagten. Beide scheuten sich nicht, öffentlich und halb-privat auch gegenüber den bulgarischen Gastgebern ihr Befremden über die minderheitenfeindliche Politik der bulgarischen Führung zum Ausdruck zu bringen. Nach Ende der Konferenz fuhren sie – einander abwechselnd – in fünfzehnstündiger Fahrt nach Wien zurück und verfassten einen gemeinsamen Tagungsbericht für die "Osthefte". Fünf Jahre später, am Rande der nächsten AIESEE-Konferenz in Saloniki, registrierte Max Demeter den Abtransport vieler illegaler albanischer Arbeiter. Die Klöster auf dem Berg Athos konnten beide allerdings nur vom Schiff aus betrachten, da sie mit ihren Ehefrauen unterwegs waren.

Nach der Ernennung zum Außerordentlichen Universitätsprofessor für Südosteuropäische Geschichte an der Universität Wien im Jahre 1992 (die Ernennung zum Universitätsprofessor erfolgte am 1. Jänner 2000) begann Prof. Peyfuss nicht nur mit grundlegenden und äußerst gut besuchten Vorlesungen (u.a. Einführung in die Balkankunde, Geschichte der Eisenbahn, Geschichte des Weinbaus etc.) und Seminaren, sondern bald auch mit der Vorbereitung der Übersiedlung unseres seit 1977 getrennt untergebrachten Instituts auf den neugestalteten Universitätscampus auf dem Areal des ehemaligen Alten Allgemeinen Krankenhauses im IX. Bezirk. Dieses Projekt beraubte ihn zwar der Idee, das Stöckl-Gebäude (Atelier seines Großvaters) auf seinem Grundstück in Maria Enzersdorf als Dependance für Teile der wachsenden Institutsbibliothek zur Verfügung zu stellen, spornte ihn jedoch an, in mühevollen Diskussionen mit verschiedenen Universitäts- und Dekanatsbeauftragten für das Institut einen sehr gut gewählten Platz im Hof 3, neben dem Institut für Slawistik, zu verhandeln. Weniger Mühe hatte Max Demeter, der von allen Institutsangehörigen sehr geschätzt war, die Raumaufteilung im Institut festzulegen, was ihm ohne jede Missstimmung glückte. Dass er sein Arbeitszimmer direkt neben der kleinen Küche platzierte, hatte vielleicht mit seiner Vorliebe für türkischen, griechischen oder aromunischen Kaffee zu tun.

Max Demeter besaß als durch und durch bibliophiler Mensch eine phantastische Bibliothek, die viele Rarissima zur Geschichte des südöstlichen und östlichen Europa enthält. Seine bibliophile Neigung veranlasste ihn auch, von seinen vielen Balkanreisen immer wieder antiquarisch erstandene Bücher, aber auch aktuelle Neuerscheinungen für die Institutsbibliothek mitzubringen, so dass die von Josef Konstantin Jireček im Jahre 1907 begonnene Tradition würdig fortgesetzt wurde.

Neben seinen naturwissenschaftlichen und bemerkenswerten handwerklichen Fähigkeiten verfügte Max Demeter (er war übrigens der einzige Kollege am Institut, bei dem man sich einen Hammer und verschiedene Nägel ausborgen konnte und der ohne Standesdünkel Birnen austauschte) vor allem über beneidenswerte Sprachkenntnisse und eine seltene dichterisch-schriftstellerische Ader, die mit unzähligen Übersetzungen seinen rumänischen Kolleginnen und Kollegen zur Bekanntheit im Westen verhalf. So übersetzte er auch das Gedicht "Geständnis" aus der "Botschaft der Aufmunterung" von Petre Stoica, das auf der Parte zu lesen ist. Die Universität Timişoara würdigte Professor Peyfuss im Jahre 2005 mit dem Ehrendoktorat.

Unvergesslich bleiben wird sein Abschied von der aktiven Universitätslaufbahn Ende Juni 2003: Max Demeter hielt aus diesem Anlass eine fulminante Vorlesung, untermalt mit griechischer Musik (Mikis Theodorakis, Melina Mercouri etc.) und bescherte dem Institut anschließend ein wahres Balkanfest im Hof 3.

Wir werden unserem lieben Freund Max Demeter und unserem sehr geschätzten Kollegen Professor Peyfuss stets ein ehrendes Andenken bewahren.

Ein Nachruf von Arnold Suppan, Andreas Kappeler, Christoph Augustynowicz, Marija Wakounig

Wien im April 2019