Für eine Verbesserung des europäischen Rechts

Dzintars Rasnačs, Justizminister von Lettland, Christiane Wendehorst, ELI Präsidentin und Professorin für Zivilrecht an der Rechtswissen¬schaftlichen Fakultät der Universität Wien sowie Anita Rodina, Dekanin der Rechtsfakultät an der Universität von Lettland

Die ELI-Jahreskonferenz fand vom 5. bis 7. September 2018 in Riga (Lettland) statt. An der Universität von Lettland diskutierten rund 250 RechtsexpertInnen aus Europa und darüber hinaus über aktuelle Themenstellungen zu Verbesserung des Rechts.

"Aufgrund des 100-Jahr-Jubiläums der Staatsgründung ist 2018 ein wichtiges Jahr für Lettland – und Lettland ist für das ELI von grundlegender Bedeutung. Als Forum für eine genuin europäische Rechtsgemeinschaft ist es unser Anliegen, dass ELI-Veranstaltungen in jedem europäischen Land stattfinden. Und Lettland ist ein großartiger Mitgliedstaat mit überwältigender Gastfreundschaft", betonte ELI-Präsidentin Christiane Wendehorst, Professorin für Zivilrecht an der Universität Wien, in ihrer Eröffnungsrede in Anwesenheit des lettischen Ministers für Justiz, Dzintar Rasnačs, und der Dekanin der Rechtsfakultät an der Universität von Lettland, Anita Rodina.

Die ELI-Jahreskonferenz 2018 wurde vom lettischen Justizministerium, dem lettischen Verwaltungsgerichtshof und der Universität Lettland mit Unterstützung der Universität Wien und der Europäischen Union ausgerichtet.

Das ELI treibt aktuelle Projekte voran, um das Recht in Europa zu verbessern

Auf der ELI-Jahreskonferenz wurden die Entwicklungen in aktuellen ELI-Projekten präsentiert und diskutiert, wie zum Beispiel:

Stärkung europäischer Familien

Mit über 16 Millionen Paaren, in denen mindestens einer der Partner in einem anderen Land lebt als in seinem Herkunftsland, sehen sich viele Familien mit Hürden konfrontiert, beispielsweise im Zusammenhang mit Scheidungen oder Erbschaftsfragen. Das ELI-Projekt leistet einen Beitrag dazu, diese Hürden leichter zu überwinden.

Online-Vermittler-Plattformen

Obwohl viele von uns heute Airbnb, Uber und Amazon nutzen, ist es schwierig, die Dynamik solcher Plattformen mit dem derzeit bestehenden Rechtsrahmen auf EU-Ebene in Einklang zu bringen. Das ELI-Projekt entwickelt Modell-Regeln zu den Rechten und Pflichten von "Plattformbetreibern" und "Lieferanten", die auch Vorschläge zu Transparenz und Fairness von Online-Reputationssystemen enthalten.

Schutz von Erwachsenen in internationalen Situationen

Aufgrund der Globalisierung und der zunehmenden Möglichkeiten, an verschiedenen Orten der Welt zu leben, gewinnt der Schutz vulnerabler Erwachsener und ihrer Vermögenswerte zunehmend an Bedeutung. Welches Gesetz soll gelten? Welche Gerichte sollen zuständig sein? Die Antworten auf diese und ähnliche Fragen werden in diesem ELI-Projekt behandelt.

Prinzipien für die Datenwirtschaft


Daten lösen in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung physische Güter mehr und mehr ab. Allerdings sind die geltenden Rechtsordnungen nicht auf Daten als handelbare Güter zugeschnitten. Dieses Projekt in Zusammenarbeit mit dem American Law Institute (ALI) soll als Inspirationsquelle für Gesetzgeber, Gerichte und private Parteien weltweit dienen.

Darüber hinaus wurden während der Jahrestagung die neuesten Entwicklungen der Digitalisierung im Zusammenhang mit künftigen ELI-Projekten diskutiert, wie zum Beispiel die Haftung im digitalen Umfeld bei Schäden, die durch autonome Agenten verursacht werden, oder der Zugriff auf digitale Vermögenswerte wie Software, Krypto-Währungen, Online-Bankkonten, Social-Media-Profile beispielsweise im Falle des Ablebens. Auch die Blockchain-Technologie hat ein enormes Potenzial, viele Bereiche des Privatrechts grundlegend zu verändern.

Internationale ReferentInnen fordern Verteidigung der Unabhängigkeit der Justiz

Viel beachtete Grundsatzreden hielten Harriet Lansing, ehemalige Präsidentin der Uniform Law Commission (ULC) aus den Vereinigten Staaten, und Pauline Koskelo, finnische Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die beide ihre Besorgnis zum Ausdruck brachten, dass Europa und die Welt ihren Zusammenhalt verlieren könnten. Wie Lansing in ihrer Rede betonte: "Ich glaube, dies sind die Bereiche von überragender Bedeutung, in denen wir sehr wachsam sein müssen: 1. Wahlprozesse und Wahlverfahren, 2. die Unabhängigkeit der Justiz, 3. der Schutz der Privatsphäre, 4. die Gewährleistung der grundlegenden Menschenrechte, 5. die Geldsysteme und deren Regulierung und 6. das Überleben der Freien Presse."

ELI Young Lawyers Award zur Förderung der nächsten Generation von RechtsexpertInnen

Der ELI Young Lawyers Award wurde heuer zum zweiten Mal verliehen, um die nächste Generation von RechtsexpertInnen zu fördern. Die diesjährige Gewinnerin ist Manon van Roozendaal, eine niederländische Absolventin der Universität Maastricht, für ihre Arbeit mit dem Titel "Algorithms: Teenage Troublemakers of EU Competition Law". Darin befasst sich die Preisträgerin mit Algorithmen als Preisfestsetzungsinstrumente und der Beurteilung solcher Einflussfaktoren nach EU-Wettbewerbsrecht.

Erfolgreiche Kooperation - die Universität Wien ist Heimatbasis des ELI

Das ELI-Sekretariat ist an der Universität Wien beheimatet. Die erfolgreiche Kooperation zwischen der Universität Wien und dem ELI begann im Jahr 2011. Seither hat sich das ELI, das nach dem Vorbild des American Law Institute (ALI) gegründet wurde, zu einer international renommierten Institution entwickelt, die eng mit anderen internationalen Organisationen und EU-Institutionen zusammenarbeitet. Das ELI zählt derzeit rund 1.500 Einzelmitglieder und rund 100 sogenannte Institutional Observer.

Die Mitglieder umfassen z.B. das Europäische Parlament, die OSZE und zahlreiche Höchstgerichte in ganz Europa. Nicht nur in Europa, sondern auch in Österreich wächst die Mitgliederbasis kontinuierlich. Jedes Jahr sind Vertreter der Universität Wien in den verschiedenen Gremien der ELI-Jahrestagung vertreten. Jedes zweite Jahr ist Wien der Tagungsort, die nächste Veranstaltung findet vom 4. bis 6. September 2019 statt.

Das ELI ist eine unabhängige Non-Profit-Organisation, die gegründet wurde, um im Bereich der europäischen Rechtsentwicklung Forschung zu initiieren und durchzuführen, Empfehlungen auszuarbeiten und praktische Anleitung zu geben. Aufbauend auf der Vielfalt der verschiedenen Rechtstraditionen ist es seine Mission, nach einer Verbesserung der Gesetzgebung in Europa und der der europäischen Rechtsintegration zu streben. Mit seinen Bemühungen möchte das ELI zur Bildung einer stärkeren europäischen Rechtsgemeinschaft beitragen, indem es die Errungenschaften der verschiedenen Rechtskulturen integriert, den Wert vergleichenden Wissens untermauert und eine gesamteuropäische Perspektive einnimmt. Als solche deckt seine Arbeit alle Bereiche des Rechts ab: materiell und verfahrenstechnisch, privat und öffentlich.