Mit einem Klick zum Job

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Immer mehr Arbeitssuchende nutzen innovative Job-Apps und mobile Jobplattformen. Werden Bewerbungsschreiben in Zukunft überflüssig sein? Das beleuchten die Karriere-ExpertInnen von Uniport gemeinsam mit Technikphilosoph Michael Funk am Beispiel der Job-App "hokify".

Es funktioniert wie Tinder. Nur erscheinen am Bildschirm statt Beach Bodys oder Haustieren schicke KellnerInnen oder kreativ eingerichtete Büroräume. Je nachdem, für welche Branche man sich interessiert. Dann wischt man schnell nach links oder rechts, tippt die Antworten auf ein paar knappe Fragen ins Handy ein und – mit etwas Glück – hat man schon bald ein Match in Form eines Jobs. Klingt für viele Studierende verlockend: Jobsuche ganz unkompliziert, ohne Anschreiben, Zusammenfügen von PDFs und stundenlangem Erstellen von Motivationsschreiben.

Michael Funk ist Mitglied der Forschungsplattform "#YouthMediaLife", die unter der Leitung von Susanne Reichl an der Uni Wien untersucht, nach welchen Mustern sich Jugendliche mithilfe sozialer Medien die eigene Welt und Identität konstruieren. Zum Artikel "Identitätssuche zwischen Snapchat und Harry Potter" in uni:viewpexels/CC0)

Michael Funk, Doktorand in der Forschungsgruppe Medien- und Technikphilosophie am Institut für Philosophie der Uni Wien, bremst die Euphorie: Job Apps und Social Media sieht er als Ergänzung, keinesfalls als Ersatz der bestehenden Formate. "Wer auf dem HR-Markt erfolgreich sein will, fährt auch weiterhin mehrgleisig. Und zwar sowohl als UnternehmerIn als auch als BewerberIn", betont Funk, der sich intensiv mit der Frage befasst, wie neue Technologien unser Leben in der Zukunft beeinflussen und verändern.

Jobsuche in Zeiten der Digitalisierung

Uni Wien Absolvent Sebastian Prax hat Geschichte und Interdisziplinäre Osteuropastudien studiert und ist heute PR & Community-Manager bei "hokify". Die mobile Job-Plattform wurde 2015 als Start-up gegründet und ist mittlerweile mit 22.000 registrierten ArbeitgeberInnen und einem Team von 25 MitarbeiterInnen österreichischer Marktführer am hart umkämpften Job-Apps-Markt.

Hokify-Gründer Karl Edlbauer zufolge wird das Unternehmen in den nächsten Jahren weiterwachsen, denn ein Blick auf den Mobile Communications Report 2018 zeige: ÖsterreicherInnen verbringen durchschnittlich 3,4 Stunden pro Tag am Smartphone – Tendenz deutlich steigend.

Medien- und Technikphilosoph Michael Funk sieht Job-Apps als Ergänzung zu anderen Recruiting-Methoden an. Die Apps werden das traditionelle Bewerbungsgespräch nicht verdrängen – aber es könnte in weiter entfernter Zukunft "robotisiert" werden. (© Michael Funk)

Michael Funk hingegen stuft den Einfluss von Job-Apps auf den HR-Markt als "eher begrenzt" ein: Etwa finde man auf den meisten mobilen Job-Portalen bislang nur bestimmte Jobs und Branchen – hokify z.B. hat sich auf StudentInnen-, Gastro- und geringfügige Jobs spezialisiert – Stellenangebote für hochqualifizierte BewerberInnen hingegen kaum. Unternehmen würden auf andere Formate setzen, um High Potentials zu erreichen.

Im Studium habe die Bedeutung von Sozialen Medien in den letzten Jahren zugenommen, weiß Edlbauer aus eigener Erfahrung, man denke an Gruppen für Prüfungsunterlagen bzw. den schnellen und unkomplizierten Austausch mit StudienkollegInnen.

Auch High Potentials können über Social Media gezielt erreicht werden. Traditionelle Jobportale hingegen eignen sich für diese Zielgruppe nicht, da sie oft nicht aktiv suchen, so der Hokify-Gründer.

Uniport-Karrieretipp:
Wer nach dem Studium eine seriöse Einstiegsposition sucht, sollte sich auch weiterhin Zeit für den Bewerbungsprozess nehmen. Ein gut aufbereiteter CV, ein maßgeschneidertes Motivationsschreiben und vor allem das persönliche Kennenlernen sind in absehbarer Zeit noch nicht zu ersetzen.
Alle Angebote von Uniport zum Thema Bewerbungsprozess und Jobsuche

Die Zukunft der Jobsuche: Roboter als HR-Chefs?

Wirklich spannend wird laut Michael Funk der Blick in die Zukunft: Artificial Intelligence und Roboter haben das Potenzial, auch den HR-Markt zu revolutionieren. Sogar persönliche Vorstellungsgespräche könnten dann obsolet werden. "Beispielsweise wäre es möglich, dass Roboter als vernetzte Berufsberater auftreten und dabei gleich die Skills und sozialen Kompetenzen der Studierenden testen", beschreibt er eine "aus Datenschutzgründen bedenkliche" Vision.

Auch Job-Apps könnten sich mit anderen Apps oder smartem Spielzeug vernetzen und bereits spielerisch Kleinkinder testen, beobachten und frühzeitig mit Unternehmen zusammenbringen. Klassische Bewerbungsschreiben braucht es in einem solchen Szenario nicht mehr. Bis es soweit ist, werde aber weiterhin das persönliche Vorstellungsgespräch die wichtigste Rolle im Bewerbungsprozedere spielen – hier sind sich der Wissenschafter und der Start-up Gründer einig.

Jedes Semester stellt die Universität Wien ihren WissenschafterInnen die Semesterfrage. Im Sommersemester 2019 lautet sie "Wie werden wir morgen arbeiten?". Zur Semesterfrage (© Universität Wien)

Zum Autor:
Teseo La Marca studiert Deutsch und Geschichte auf Lehramt an der Universität Wien und beschäftigt sich als freier Journalist immer wieder mit Zukunfts- und Karrierethemen. Für Uniport hat er die Bewerbung per Mausklick unter die Lupe genommen.