Nachgefragt: Wissenschafterinnen zum Frauentag (Teil 3)

Anlässlich des 100. Internationalen Frauentags stellt "uni:view" erfolgreiche Wissenschafterinnen der Universität Wien vor. Diesmal beantworten uns die Philosophin Herlinde Pauer-Studer und die Mikrobiologin Kristin Tessmar-Raible Fragen zum Thema Frauentag und Frauen in der Wissenschaft.

Herlinde Pauer-Studer

Position: Professorin für Praktische Philosophie mit besonderer Berücksichtigung normativer Transformationen an der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft (befristet auf 5 Jahre),
Leiterin des ERC-Projekts "Distortions of Normativity"
Schwerpunkte:
Analytische Philosophie, Ethik, Politische Philosophie
Mein weibliches Vorbild:
Da führt leider kein Weg an Aristoteles, Hobbes, Locke, Hume und Kant vorbei. Doch zunehmend sind es die vielen Philosophinnen gleich welchen Alters, die ausgezeichnete Bücher und Artikel schreiben. Politisch beeindrucken mich die Kritikerinnen - die Unbequemen und Unangepassten.


Am 8. März 2011 jährt sich der Internationale Frauentag zum 100. Mal. Was für eine Bedeutung hat dieser Tag für Sie?

Für mich persönlich ist der Tag Anlass, an jene Frauen zu denken, deren wissenschaftliche Laufbahnen zunichte gemacht und deren Begabungen und Leistungen von Männern instrumentalisiert wurden. Ich finde es sehr wichtig, dass die Universitäten den Internationalen Frauentag würdigen. Universitäten haben auch eine globale Verantwortung, auf die in vielen Ländern nach wie vor eklatante Diskriminierung von Frauen aufmerksam zu machen.

Frauentag und Universität: Was wünschen Sie sich für Frauen in der Wissenschaft?
Ich wünsche mir universitäre Strukturen, in denen Wissenschafterinnen darauf vertrauen können, dass ihre fachlichen Leistungen anerkannt werden. Es bedarf noch eines erheblichen Umdenkens, damit an österreichischen Universitäten ein gender-neutraler und sachbezogener Standard der Leistungsgerechtigkeit den maßgeblichen Parameter universitärer Karrieren bildet.


Weitere Informationen
zu Herlinde Pauer-Studer:
CV von Herlinde Pauer-Studer
Institut für Philosophie der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft
ERC-Projekt: "Distortions of Normativity"

Lesen Sie auch:
Artikel "Hoch dotierter "ERC Advanced Grant" für Universität Wien"

Artikel "Normativität des Bösen oder das "Scheitern" österreichischer Prozesse zu NS-Verbrechen"

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Kristin Tessmar-Raible


Position: Junggruppenleiterin am Department für Mikrobiologie, Immunbiologie und Genetik
Schwerpunkte: Lunare Rhythmen, Lichtwahrnehmung durch nicht im Auge befindliche Fotorezeptoren
Mein weibliches Vorbild:
Barbara McClintock: Ihre Entdeckung der Transposons (springende Gene) und deren Wichtigkeit für die Biologie wurde jahrzehntelang nicht anerkannt. Sie hat aber durchgehalten und weitergemacht, und als an anderer Stelle (bei Bakterien) ähnliche Erkenntnisse bekannt wurden, darauf hingewiesen, dass sie das Phänomen als Erste beschrieben hat. Auch sonst war es für sie als Frau in der "Männerdomäne Wissenschaft" nicht leicht. Sie hat eine gewisse Sturheit an den Tag gelegt und ist ihren Weg gegangen, egal, wie die Umgebung dazu stand. Das finde ich imponierend.


Am 8. März 2011 jährt sich der Internationale Frauentag zum 100. Mal. Was für eine Bedeutung hat dieser Tag für Sie?
Wozu sind Gedenktage generell nützlich? Meiner Meinung nach lenken sie für einen kurzen Moment die Aufmerksamkeit auf bestimmte Dinge, Personen, Ereignisse, die sonst im Alltag vergessen werden würden. Ist es mir also wichtig, dass an einem Tag Frauen besonders hervorgehoben zu haben? Ja, denn geschlechtsspezifische Benachteiligungen gibt es. Allerdings denke ich persönlich am Frauentag eher an Frauen, die noch massiv unterdrückt werden und freue mich, wie viele Dinge doch selbstverständlich sind für mich, für die meine Großmutter noch kämpfen musste. Außerdem wünsche ich mir, dass meine Tochter mit der gleichen Selbstverständlichkeit von Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ausgehen kann, wie ich.

Frauentag und Universität: Was wünschen Sie sich für Frauen in der Wissenschaft?
Spannende Wissenschaft und gute Experimente!


Weitere Informationen zu
Kristin Tessmar-Raible:
CV von Kristin Tessmar-Raible
Department für Mikrobiologie, Immunbiologie und Genetik am Zentrum für Molekulare Biologie
Projekt "Lunar periodicity and the function of inner brain sensory-neurosecretory cells"

Lesen Sie auch:
Artikel "Steuert der Vollmond biologische Rhythmen?" im Forschungsnewsletter November 2008
Artikel "Ringel, Ringel, Reihe: Die Evolution der Segmentierung"