Neue Studie überrascht: Schüler*innen langweilen sich bei Prüfungen

Schüler, der erschöpft auf seinem Schreibtisch auf seinen Lernsachen den Kopf ablegt

Langeweile wirkt sich negativ auf Prüfungsergebnisse aus

Bei Langeweile denkt man an so manche Situation im Leben – intuitiv jedoch wohl nicht an Prüfungen. Ein internationales Team von Wissenschafter*innen unter der Leitung von Thomas Götz von der Universität Wien hat nun aber genau dieses Phänomen der Prüfungslangeweile erstmals untersucht und fand bemerkenswerte Ergebnisse. Schüler*innen langweilen sich demnach sogar relativ stark bei Prüfungen. Die Studie zeigte auch: Große Langeweile wirkt sich negativ auf Prüfungsergebnisse auf. Die Forschungsergebnisse sind kürzlich in der Fachzeitschrift Journal of Educational Psychology erschienen. 

Obwohl Langeweile aktuell ein sehr intensiv untersuchtes Phänomen ist, wurde Prüfungslangeweile in der Forschung bisher völlig ausgeklammert. Psycholog*innen der Universität Wien, der Universität Konstanz, der Universität Zürich, der Fachhochschule Nordwestschweiz, der LMU München, der City University of New York, der Universität Essex und der Australian Catholic University (Sidney) konnten nun international erstmals zeigen, dass Langeweile bei Prüfungen durchaus auftritt und eindeutig leistungsschädlich ist. Zentrale Ursachen waren sowohl Unter- als auch Überforderung während der Prüfung. Zudem trat Prüfungslangeweile dann stark auf, wenn der Prüfungsstoff für die Schüler*innen keine persönliche Relevanz hatte. Ein zentrales Ergebnis der Studie war, dass sich hohe Prüfungslangeweile negativ auf die Prüfungsergebnisse ausgewirkt hat.

Die Wissenschafter*innen formulierten diesbezüglich in ihrer Arbeit erstmals die sogenannte Abundance-Hypothese (Fülle-Hypothese) und konnten diese auch bestätigen. Die Abundance-Hypothese besagt, dass Langeweile insbesondere bei Überforderung leistungsschädlich ist, weil bei Überforderung alle geistigen Ressourcen in die Aufgabenbearbeitung fließen müssten – jene, die in das Erleben von Langeweile fließen aber für die Bearbeitung der Aufgaben nicht mehr zur Verfügung stehen. Bei Langeweile in Folge von Unterforderung hingegen sind ohnehin Ressourcen "in Fülle" für die Bearbeitung der Aufgaben vorhanden.

Prüfungsaufgaben sollten sich auf die Lebensrealität von Schüler*innen beziehen

Bei der Studie wurden insgesamt 1.820 deutsche Schüler*innen der 5. bis 10. Jahrgangsstufen untersucht. Fragen zum Ausmaß an Langeweile, an Unter- und Überforderung und zur persönlichen Relevanz der Aufgaben wurden direkt zwischen die Aufgabenblöcke des Tests eingebaut.

Aus den Studienergebnissen leiten die Forscher*innen auch einige Empfehlungen für Lehrer*innen und Erziehungsberechtigte ab. "Um die Prüfungslangeweile zu bekämpfen, sollten Lehrkräfte Prüfungsaufgaben so aufarbeiten, dass es darin Bezüge zur Lebensrealität von Schüler*innen gibt. Außerdem sollten die Aufgaben nicht stark unter- oder überfordernd sein", appelliert der Bildungspsychologe Thomas Götz von der Universität Wien: "Auch Eltern oder Erziehungsberechtigte können die Jugendlichen unterstützen, indem sie ein offenes Gespräch über möglich Über- oder Unterforderung in der Schule starten. Insbesondere bei Überforderung in der Schule sollte rechtzeitig reagiert werden, um Langeweile und auch andere negative Folgen, wie eine Abwärtsspirale an schwachen Leistungen, zu vermeiden."

Mit der erstmaligen Untersuchung von Prüfungslangeweile wurde nun auch ein gänzlich neues Forschungsfeld angestoßen. Die Wissenschafter*innen tragen entscheidend dazu bei, die negativen Auswirkungen von Langeweile in der Schule zu verdeutlichen. "Eine Vielzahl an Studien belegt bereits eine schädliche Wirkung von Langeweile auf Lernen und Leistung, aber auch auf psychische und körperliche Gesundheit. Mit unserer Arbeit erweitern wir den Blick nun auf einen zentralen Bereich im Schulalltag von Kindern und Jugendlichen, nämlich Prüfungen", so Götz. 

Originalpublikation im Journal of Educational Psychology:

Test boredom: Exploring a neglected emotion. T. Goetz, T., M. Bieleke, T., Yanagida, M. Krannich, A.L., Roos, A. C. Frenzel, A. A. Lipnevich, A. A., & R. Pekrun.

Wissenschaftlicher Kontakt

Univ.-Prof. Dr. Thomas Götz

Institut für Psychologie der Entwicklung und Bildung
Universität Wien
1010 - Wien, Universitätsstraße 7
+43-1-4277-47401
thomas.goetz@univie.ac.at

Rückfragehinweis

Mag. Alexandra Frey

Media Relations Manager
Universität Wien
1010 - Wien, Universitätsring 1
+43-1-4277-17533
+43-664-8175675
alexandra.frey@univie.ac.at