Sprachmelodie hilft beim Erkennen von Wörtern

Graphische Darstellung eines Kindes, einer Frau und eines Aliens. Frau und Alien sprechen mit dem Kind.

Hören wir eine uns fremde Sprache, ist es schwierig zu erkennen, wann ein Wort aufhört und das nächste beginnt. Dabei kann die Sprachmelodie eine Hilfe sein: Wissenschafter*innen der Universität Wien haben herausgefunden, dass Wörter in einem kontinuierlichen Sprachfluss gut erkannt werden, wenn die Silbe am Wortende länger ausgesprochen wird als die restlichen Silben des Wortes. Eine ungewohnte Sprachmelodie erschwert hingegen das Erkennen von Wörtern. Die Studie erscheint in Frontiers in Psychology.

Viele Menschen erkennen beim Hören einer ihnen unbekannten Fremdsprache nicht, wo ein Wort endet und das nächste beginnt. Vor der gleichen Schwierigkeit stehen Kleinkinder, wenn sie ihre Muttersprache erlernen. Es gibt jedoch verschiedene sprachliche Anhaltspunkte, die Menschen unterbewusst nutzen, um in einem kontinuierlichen Sprachfluss einzelne Wörter wahrzunehmen – dazu gehört auch die Sprachmelodie. Die Sprachmelodie wird unter anderem durch Tonhöhe, Silbenlänge oder Pausen beeinflusst. Auf welche Art und Weise diese verschiedenen Ausprägungen der Sprachmelodie die Worterkennung beeinflussen, ist jedoch unklar.

Wie wir Grenzen erkennen können
Forscher*innen des Instituts für Anglistik und des Departments für Verhaltens- und Kognitionsbiologie der Universität Wien untersuchten, welche Eigenschaften der Sprachmelodie am effektivsten sind, um Grenzen zwischen Wörtern zu erkennen. "Wir wollten wissen, ob Wortgrenzen besser erkannt werden, wenn bestimmte Silben eines Wortes länger, kürzer, höher oder tiefer ausgesprochen werden als die restlichen Silben", erläutert Theresa Matzinger vom Institut für Anglistik und Department für Kognitionsbiologie.

Dazu spielten die Forscher*innen 360 deutschsprachigen Studienteilnehmer*innen ein kontinuierliches Geplapper in einer erfundenen Kunstsprache vor, in der die jeweils letzte Silbe jedes Wortes entweder länger, kürzer, höher oder tiefer ausgesprochen wurde als die restlichen Silben. Als Kontrolle hörten die Teilnehmer*innen Geplapper mit Pausen zwischen den Wörtern und Geplapper ohne Veränderungen in der Sprachmelodie. Danach mussten sie aus einer Liste von Wörtern jene auswählen, die sie in der Kunstsprache wahrgenommen hatten.

Wörter mit verlängerten Silben am Wortende wurden leicht erkannt
Erwartungsgemäß erkannten die Proband*innen jene Wörter am leichtesten, die durch Pausen getrennt waren. Interessanterweise wurden jene Wörter mit verlängerter letzter Silbe fast genauso gut extrahiert. "Beim Sprechen ist es einfacher, vor einem Atemzug die Sprachorgane langsam und nicht abrupt zu stoppen, was zu einer Silbenverlängerung am Wortende führt. Im Laufe der Evolution lernten Zuhörende, diese Verlängerungen als Signale für Wortgrenzen zu interpretieren, auch wenn danach kein Atemzug folgt", erklärt Matzinger dieses Ergebnis.

Eine ungewohnte Sprachmelodie behindert die Worterkennung
Im Gegensatz dazu wurden Wörter mit verkürzter letzter Silbe kaum im Geplapper erkannt, sogar schlechter als jene Wörter ohne veränderte Sprachmelodie. Das bedeutet, dass eine unpassende Sprachmelodie die Worterkennung behindern kann. Veränderungen in der Tonhöhe beeinflussten die Worterkennung hingegen kaum.

Publikation in Frontiers in Psychology:
T. Matzinger, N. Ritt, W.T.S. Fitch. 2021. The influence of different prosodic cues on word segmentation. Frontiers in Psychology 12: 622042.
DOI: 10.3389/fpsyg.2021.622042

Wissenschaftlicher Kontakt

Mag. PhD. Theresa Matzinger MSc. PhD.

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