Zwei ERC Synergy Grants für Wissenschafter der Universität Wien

Höchste EU-Förderung für die Physiker Thomas Pichler und Markus Aspelmeyer

Der Physiker Thomas Pichler und sein internationales Team erhalten einen mit rund 14 Millionen Euro dotierten ERC Synergy Grant, um an der Universität Wien ein neues Elektronen-Nanospektrometer aufzubauen, das als neue Schlüsseltechnologie zur Materialanalyse Mikroskopie mit Spektroskopie verbindet. Der Wiener Quantenphysiker Markus Aspelmeyer und Oriol Romero-Isart von der Universität Innsbruck wollen mit ihrem 13 Millionen Euro ausgestatteten ERC Synergy Grant die Grenzen der Quantenwelt ausloten, indem sie erstmals einen Festkörper aus Milliarden von Atomen an zwei Orten gleichzeitig positionieren.

"ERC-Grants ermöglichen Spitzenforschung und sind ein wichtiger Indikator für die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Universität. Thomas Pichler und Markus Aspelmeyer, beide von der Fakultät für Physik, erhalten für ihre exzellenten Forschungsprojekte je einen besonders prestigeträchtigen und hoch dotierten ERC Synergy Grant", so Rektor Heinz W. Engl.

MORE-TEM - ein revolutionäres Forschungsinstrument für Materialwissenschaft und Technik
Nanomaterialien sind das Herzstück von Innovationen in Grundlagenwissenschaft und Technologie, zum Beispiel um Energielösungen im Rahmen des europäischen Grünen Deals zu finden. Für ihre Anwendung ist es nötig, die atomare Struktur der Nanomaterialien zu sehen und gleichzeitig ihre lokalen Eigenschaften zu bestimmen. Bis jetzt konnte dies jedoch keine bestehende Technologie erfüllen.

Der neu bewilligte ERC Synergy Grant MORE-TEM unter der Leitung von Thomas Pichler an der Universität Wien wird dies nun ermöglichen. Dazu wird unter Beteiligung von internationalen Partnern ein grundlegend neues und weltweit einzigartiges Elektronen-Nanospektrometer in Wien realisiert. Dieses kann man sich als viel kleinere, billigere, auf eine "Tisch"-Version geschrumpfte Großforschungseinrichtung vorstellen. Dies stellt einen Durchbruch für die Probenanalyse dar, der die Vorteile der Elektronenmikroskopie mit hochauflösender Spektroskopie in einem einzigartigen Nanospektrometer verbindet.

"Es freut mich außerordentlich, dass es mit der großartigen Unterstützung durch den ERC und der Universität Wien nun erstmals möglich sein wird, dieses revolutionäre neue Forschungsinstrument mit den Möglichkeiten einer Großforschungseinrichtung in Österreich aufzubauen. Ich bin überzeugt, dass dies ein weltweit einzigartiges Leuchtturmprojekt ist, das Österreich über Jahre hin als weltweit führenden Standort in der Analyse moderner Materialien für Wissenschaft und Technologie etablieren wird", erklärt Thomas Pichler.

Die Anwendungsmöglichkeiten reichen von Grundlagenstudien zur Entstehung von Quantenphasenübergängen wie beispielsweise Supraleitung, über das Konstruieren von Nanomaterie mit atomistischer Kontrolle, der nanometer-aufgelösten Leistung von nanoskaligen Bauelementen in-situ und in operando, bis hin zu direkten technologischen Anwendungen wie zum Beispiel der Verbesserung von Batterieelektroden der weit verbreiteten Lithium-Ionen-Batterien. Neu entwickelte Messmethoden werden auch die direkte Strukturbestimmung einzelner Biomoleküle in flüssigem Zustand ermöglichen, was einen Durchbruch in biomedizinischen Studien erwarten lässt.

MORE-TEM vereint dazu komplementäre Fachkenntnisse von weltweit führenden Forschern und Unternehmen: Koordinator Thomas Pichler von der Universität Wien ist namhafter Experte für Elektronenspektroskopie und optische Spektroskopie. Der renommierte Wissenschafter Kazu Suenaga aus Japan ist Fachmann in Elektronenmikroskopie. Francesco Mauri von der Universität La Sapienza in Rom trägt mit seiner Kompetenz in theoretischer ab-initio-Spektroskopie zum Projekt bei, und Max Haider von der CEOS GmbH in Heidelberg, durch die Wolf- und Kavli-Preise ausgezeichneter Pionier in der Aberrationskorrektur, mit seiner unübertroffenen Expertise in Elektronenoptik.

MORE-TEM stellt ein echtes Novum in der Analyse und Optimierung von Materialien und Komponenten der Nanotechnologie dar. Die grundlegend neue und weltweit einzigartige Infrastruktur wird damit innovativer Impulsgeber und Wegbereiter für die Anwendung von Nanotechnologie in der Physik, Materialwissenschaft, (Bio)Chemie und Technik auf einer gänzlich neuen Ebene sein.

Über Thomas Pichler

Thomas Pichler kehrte im Jänner 2008 an seine Alma Mater als Professor für Quanten- und Festkörper zurück, wo er 1993 promoviert und sich 2003 habilitiert hatte. 1995 ging er mit einem Marie Curie Fellowship ans IFW-Dresden, wo er bis 2008 als Forschungsgruppenleiter blieb. Er ist heute Doktoratsstudienprogrammleiter in Physik und Leiter der Arbeitsgruppe Elektronische Materialeigenschaften.

Prinzipien der Quantenwelt an die äußersten Grenzen treiben
Das Superpositionsprinzip besagt, dass sich ein einzelnes Objekt so verhalten kann, als ob es sich an mehreren Orten gleichzeitig befindet. Dieses Verhalten wurde in wegweisenden Experimenten bestätigt: auf der Ebene von Elementarteilchen, Atomen und sogar Molekülen, die Tausende von Atomen enthalten. Aber gilt das Prinzip auch für den makroskopischen Bereich, beispielsweise für Festkörper, die mit dem bloßen Auge sichtbar sind? Bei der Beantwortung dieser Frage will das österreichisch-schweizerische Forschungsteam mit Lukas Novotny und Romain Quidant von der ETH Zürich mit Unterstützung eines Synergy Grant der EU nun einen großen Schritt weiterkommen.

In den letzten Jahren haben die vier Forscher in einzelnen ERC-Projekten neue experimentelle und theoretische Techniken entwickelt, um solche Nanoteilchen im Quantenregime schweben zu lassen und zu kontrollieren. "Wir kombinieren unser Know-how in den Grundlagenwissenschaften, der Nanotechnologie und den Ingenieurwissenschaften, um einen radikal neuen Zugang zu dieser Frage zu schaffen", sagt der Experimentalphysiker Markus Aspelmeyer von der Universität Wien, der auch wissenschaftlicher Direktor am IQOQI Wien der österreichischen Akademie der Wissenschaften ist.

Gemeinsam werden sie die Nanoteilchen im Hochvakuum untersuchen, wobei deren Schwerpunktbewegung auf nahezu den absoluten Nullpunkt abgekühlt wird und sie in einer Kombination aus optischen, elektrischen und magnetischen Feldern schweben und manipuliert werden.

Über Markus Aspelmeyer

Er studierte Physik an der Ludwig-Maximilians-Universität München (Dr. rer. nat. 2002) und Philosophie an der Hochschule für Philosophie in München (Bakk. phil. 2000). Nach einer Promotion auf dem Gebiet der Festkörperphysik wechselte er 2002 in die Quantenphysik, zunächst als Feodor-Lynen Stipendiat, danach als Universitätsassistent in der Arbeitsgruppe von Anton Zeilinger an der Universität Wien. Ab 2005 war er am neu gegründeten Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien tätig und baute dort seine Experimente zu Quanteneffekten in mikro- und nanomechanischen Systemen auf. Seit 2009 ist Markus Aspelmeyer Professor an der Fakultät für Physik der Universität Wien. Für seine Beiträge zur Quantenoptik, Quanteninformation und Quanten-Optomechanik wurde der ERC-Consolidator-Grant-, ERC-Starting-Grant- und START-Preisträger mehrfach ausgezeichnet.

Weitere Informationen zu den ERC-Preisträger*innen der Universität Wien: https://www.univie.ac.at/forschung/forschung-im-ueberblick/erc-grants   

Weitere Informationen:
http://erc.europa.eu/



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