Unter der Uni
| 17. August 2010Schon 28 Jahre lang ist Gerhard Meidl von der BIG für die Belüftung und Heizung sowie die Instandhaltung der Technikräume im Keller des Hauptgebäudes zuständig. Verirrt hat er sich in den dunklen Gängen und verzweigten Lüftungsschächten "unter der Uni" noch nie: "Ich hab ja meine Taschenlampe!" Und die hatte der gelernte Installateur zum Glück dabei, als er uns auf einen lehrreichen Streifzug durch das universitäre Souterrain begleitete.
In Gerhard Meidls Büro im Keller der Universität Wien wird es im Sommer mitunter ganz schön heiß: "Die Rohre für die Klimaanlagen geben natürlich Wärme ab, da kommt man manchmal recht ins Schwitzen!", schmunzelt er: "Dafür ist es auch im Winter gemütlich." Von hier aus wird die Klimatisierung, Belüftung und Beheizung für das gesamte Hauptgebäude kontrolliert, was Isabell Lohmann von der Online-Zeitung (rechts) gleich einmal ausprobiert hat.
1986 wurde die Beheizung der Universität Wien von Schweröl auf Fernwärme umgestellt. "Vor 1960 wurde mit Öl und mit Kohle geheizt", erzählt Meidl. Der große Pufferspeicher (im Bild links) im sogenannten Kesselhaus gehört noch zur alten Ölheizung und ist bereits seit 20 Jahren nicht mehr in Gebrauch. "Man hat ihn damals aber sicherheitshalber für einen möglichen späteren Einsatz 'aufgehoben'", so Meidl. Zurzeit wird im Keller eifrig umgebaut - wir sind also zum ersten und letzten Mal durch das "historische Kesselhaus" gestreift: Der ausgediente Pufferspeicher wird abgerissen, auch die alten Verteilungspumpen für Heizung und Lüftung (im Bild rechts) werden erneuert.
So sah die Baustelle im Kesselhaus im April 2010 aus: "Es wird neue Pufferspeicher geben, aber die werden viel kleiner und moderner sein als der alte", meint Meidl. Mittlerweile wurde aus brandschutztechnischen Gründen u.a. auch das Glasdach abgerissen - es wird durch eine Betondecke ersetzt. In Zukunft wird der Keller also noch ein bisschen dunkler ...
... als er schon ist. Überall in den finsteren, verzweigten Gängen und Schächten laufen Rohre an Decke und Wänden entlang, die heißes Wasser für die Heizkörper und kaltes Wasser für die Kühlsysteme und Klimaanlagen transportieren. Grundsätzlich dauert die Periode, in der das Hauptgebäude geheizt wird, von 15. Oktober bis 15. April. "Wenn es früh sehr kalt wird, nehmen wir die Anlage schon eher in Betrieb - umgekehrt heizen wir länger in den April hinein, wenn der Frühling partout nicht kommen will", so der Experte, der neben dem Hauptgebäude auch das Neue Institutsgebäude und die Räumlichkeiten in der Liebiggasse betreut.
So sieht der Luftbrunnen im Arkadenhof von unten aus (links). Die UniversitätsmitarbeiterInnen und Studierenden, die auf dem Rasen rund um den ca. zehn Meter hohen Luftschacht ihre Mittagspause genießen, ahnen vermutlich nicht, dass sie nur eine stabile Schicht aus Beton und Erde von dunklen Kellergängen und Lüftungsschächten trennt. Redakteurin Marion Wittfeld (rechts) blickt beeindruckt nach oben, während sich die auf dem Luftbrunnen sitzenden Studierenden vermutlich wundern, warum plötzlich geheimnisvolle Stimmen aus dem Untergrund zu hören sind.
Früher wurde das Hauptgebäude "natürlich" über Luftschächte belüftet. Die Luft wurde über Windkanäle, Schwingtüren ...
... und große bewegliche Belüftungsklappen umgeleitet und verteilt. Ganz schön windig hier unten!
Heute kommen dafür zusätzlich riesige, motorisierte Ventilatoren zum Einsatz. Die Lüftungsanlagen im Keller sind mit jenen im Dachboden des Hauptgebäudes verbunden.
Neben Kesseln, Rohren und Ventilatoren und dem alten Schießübungsraum des Zentrums für Sportwissenschaft und Universitätssport befindet sich außerdem noch das Archiv der Quästur im Keller der Universität Wien.
In den Tunneln und Schächten, die eigentlich zum "Luftaufsaugen und Verteilen und nicht zum Spazieren da sind", wie Meidl schmunzelnd meint, könnte man sich leicht verirren. Wir meinen, man könnte sich hier auch ein bisschen fürchten. "Ich bin schon das 28. Jahr hier im Haus", sagt Meidl, "und wüsste nicht, wovor man hier im Keller Angst haben sollte! Das einzige, was hier unten hin und wieder für Aufregung sorgt, ist ein Rohrgebrechen. Oder wenn jemand das Licht abdreht und man keine Lampe mit hat - da stößt man sich schon mal den Kopf."
Geheimgang haben wir auf unserer Entdeckungstour "unter der Uni" leider keinen gefunden - Gerhard Meidl hält sich diesbezüglich bedeckt: "Dann wäre er ja nicht mehr geheim!", lacht er. (br)