Bewegungs- und Sportinfrastrukturen in Europa verbessern
| 22. Dezember 2010Bewegung und Sport haben viele positive Auswirkungen auf den Menschen. Doch viele Sportanlagen in europäischen Ländern benötigen dringend eine Sanierung bzw. entsprechen nicht mehr dem aktuellen Sport- und Bewegungsverhalten der Bevölkerung. Im Rahmen des EU-Projekts "IMPALA" haben Michael Kolb, Rosa Diketmüller und Irene Bittner österreichweit Erkenntnisse über die strategische Planung, die Finanzierung, den Bau und das Management lokaler Bewegungs- und Sportinfrastrukturen gesammelt. Ziel des Projekts: die Erstellung EU-weiter Leitlinien.
Nicht nur in Österreich, sondern auch in vielen anderen europäischen Ländern hat es in den 1970er Jahren einen Boom beim Bau von Sportanlagen wie Hallen oder Schwimmbädern gegeben. Die nun in die Jahre gekommenen Einrichtungen bedürfen dringend einer Modernisierung. Auch das Sport- und Bewegungsverhalten der Menschen hat sich im Laufe der Zeit verändert. Städte und Gemeinden stehen daher vor neuen Herausforderungen.
"Bewegungs- und Sportinfrastrukturen kosten viel Geld. Nicht der Bau, sondern die anschließende Instandhaltung machen 90 Prozent der Kosten aus", erklärt Michael Kolb: "Um nicht an den Bewegungsbedürfnissen der Bevölkerung vorbei zu planen, ist die Erstellung von zentralen Leitlinien enorm wichtig."
26 Institutionen, 12 Länder
Dieser Aufgabe widmeten sich im EU-Projekt "IMPALA", das von Jänner 2009 bis Dezember 2010 lief, insgesamt 26 Institutionen aus zwölf europäischen Ländern. Das österreichische Team am Institut für Sportwissenschaft bestand neben Projektleiter Michael Kolb aus der Sportwissenschafterin Rosa Diketmüller und der Landschaftsplanerin Irene Bittner. "IMPALA" ist ein Akronym für "Improving Infrastructures for Leisure-Time Physical Activity in the Local Arena", auf Deutsch: "Verbesserung von Infrastrukturen für körperliche Aktivitäten in der Freizeit auf kommunaler Ebene".
Der Name ist Programm
Ziel ist die Unterstützung einer koordinierten Entwicklung lokaler Infrastrukturen für Bewegungs- und Sportaktivitäten in den EU-Mitgliedsstaaten. In der ersten Projektphase wurden qualitative Interviews mit relevanten VertreterInnen und ExpertInnen aus den Bundesländern geführt und anschließend eruiert, welche Gesetzgebungen, politischen Strategien und unverbindlichen Leitlinien in Österreich bezüglich Infrastruktur für Sport und Bewegung existieren.
"In der zweiten Phase haben wir die vorhandenen Strukturen analysiert. Insbesondere auf der gesetzlichen Ebene wurde deutlich, wie unterschiedlich die Bundesländer oftmals agieren", schildert Irene Bittner den weiteren Projektablauf: "Die dritte Phase schließlich war der Entwicklung von Qualitätskriterien für politische Strategien und Verfahrensweisen gewidmet. Hierbei dienten Beispiele 'guter Praxis' aus den europäischen Partnerländern als Vorbilder."
Wiener "Sport & Fun"-Hallen
Vorbildlich sind beispielsweise die von der Stadt Wien in Ottakring, Stadlau und Leopoldstadt gebauten und betriebenen "Sport & Fun"-Hallen. Gegen einen geringen Eintrittspreis können Jugendliche und Erwachsene den ganzen Tag Sport treiben - von Badminton und Beachvolleyball über Inlinehockey, Streetball bis hin zu Tischtennis.
"Jeder und jede kann sich dort sportlich betätigen, Spaß haben und gleichzeitig etwas für die Gesundheit tun. Soziale Barrieren werden durch den niedrigschwelligen Zugang reduziert. Die Leute können mit Straßenschuhen in die Halle gehen, ohne sich vorher teure Sportkleidung kaufen zu müssen. Sportgeräte können umsonst vor Ort ausgeliehen werden. Als ich dort war, spielten zum Beispiel gerade Mädchen mit türkischem Migrationshintergrund gegen ihre Brüder Fußball", berichtet Michael Kolb.
Vernetzung in der Sport- und Bewegungsplanung
Neben der einfachen Zugänglichkeit für alle sozialen Gruppen ist bei der Entwicklung von Sport- und Bewegungsinfrastrukturen insbesondere die Vernetzung ein wichtiges Thema. Eine Zusammenarbeit zwischen Sport, Stadt- und Raumplanung sowie dem Umwelt-, Gesundheits-, Tourismus- und Wirtschaftssektor ist unumgänglich.
"Wir sehen in der Infrastrukturplanung für Sport und Bewegung eine wichtige öffentliche Aufgabe. In einigen Ländern wie beispielsweise Litauen befinden sich die Sportstätten auf Grund von begrenzten öffentlichen Mitteln bereits weitgehend in privater Hand. Der Zugang zum Sporttreiben wird dadurch selektiv und abhängig vom Geldbeutel. Das kann fatale Auswirkungen auf gesundheitliche Entwicklungen haben", schließt Projektmitarbeiterin Rosa Diketmüller. (mw)
Das EU-Projekt "IMPALA - Improving Infrastructures for Leisure-Time Physical Activity in the Local Arena" lief von Jänner 2009 bis Dezember 2010 und wurde von der Exekutivagentur für Gesundheit und Verbraucher der EU sowie auf nationaler Ebene vom Fonds Gesundes Österreich gefördert. Kooperationspartner ist das Österreichische Institut für Schul- und Sportstättenbau (ÖISS). Geforscht wurde in zwölf europäischen Ländern: Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Litauen, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Spanien und Tschechien.