Zugang zur Quantentechnologie wird einfacher
| 06. August 2012Robusteren Quantentechnologien auf der Spur: Im Rahmen einer internationalen Kooperation hat ein Team um Quantenphysiker Philip Walther gezeigt, dass für essenzielle Operationen in der Quanteninformationsverarbeitung weniger empfindliche Ressourcen verwendet werden können.
"Die von uns gezeigten Quanteneffekte können zur Entwicklung verbesserter Informations- oder Computersysteme beitragen", so Philip Walther von der Gruppe Quantenoptik, Quantennanophysik und Quanteninformation. In einem in "Nature Physics" publizierten Experiment demonstrieren die WissenschafterInnen, dass die für zukunftsträchtige Quantentechnologien wesentliche Fern-Herstellung von Quantenzuständen auch ohne Verschränkung möglich ist.
Eine wesentliche Eigenschaft in der Quantenphysik ist, dass zwei oder mehrere Quantenteilchen stärker als klassisch möglich miteinander verbunden, d.h. korreliert, sein können – wie im Falle von Verschränkung. Bereits Erwin Schrödinger – einer der Gründer der heutigen Quantentheorie und österreichischer Nobelpreisträger – hat erkannt, dass die Beeinflussung eines Teilchens durch eine Messung von außen auch den Zustand des mit ihm verschränkten Teilchens verändert. Dabei ist es irrelevant, wie weit die beiden verschränkten Teilchen voneinander entfernt sind. Dies ermöglicht die gezielte Fern-Herstellung von Quantenzuständen und dient einer Reihe von Anwendungen wie der Quantenkommunikation, Quantenkryptographie und der Quantencomputer.
Quanten-Discord als Ressource
Üblicherweise wird der Grad der Verschränkung zweier Teilchen gleich gesetzt mit der unmittelbaren Nützlichkeit für quantentechnologische Anwendungen. Stark verschränkte Systeme reagieren sehr sensibel auf äußere Einflüsse und sind schwer herzustellen. Forschungsteams um die Quantenphysiker der Universität Wien Caslav Brukner und Philip Walther haben gezeigt, dass für eine erfolgreiche Fern-Herstellung eines Quantenzustandes nicht Verschränkung, sondern eine andere robustere Korreliertheit, der so genannte Quanten-Discord, als Ressource ausreicht. Dieses noch weitgehend unverstandene Maß gibt an, wie stark ein System gestört wird, wenn ein Beobachter seine Eigenschaften misst.
Fern-Herstellung von Quantenzuständen
Mit Hilfe von quantenmechanisch präparierten Photonenpaaren haben die ForscherInnen die Fern-Herstellung von Quantenzuständen untersucht. "Durch die Messung des Polarisationszustandes eines Photons können wir den Zustand des dazugehörigen Partnerphotons fern-herstellen", erklärt Philip Walther. "Im Experiment haben wir beobachtet, wie sich das Variieren des Quanten-Discords auf die Qualität unseres fern-hergestellten Zustands auswirkt." Dabei konnte das Forschungsteam demonstrieren, dass die Fern-Herstellung von Quantenzuständen sogar ohne Verschränkung möglich ist, sofern im System Quanten-Discord vorliegt. Diese Erkenntnis ist für die Entwicklung von zukünftigen Quantentechnologien vielversprechend: In Zukunft könnten nicht verschränkte robustere Quantensysteme als Ressource herangezogen werden, was den Zugang zur Quantentechnik erheblich erleichtern würde.
Das Projekt ist eine Kollaboration von ForscherInnen der Fakultät für Physik der Universität Wien, des Vienna Center for Quantum Science and Technology (VCQ), des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, des Centre for Quantum Technologies of the National University of Singapore und der University of Oxford. (ps)
Das Paper "Quantum discord as resource for remote state preparation" (AutorInnen: Borivoje Dakic, Yannick-Ole Lipp, Xiaosong Ma, Martin Ringbauer, Sebastian Kropatschek, Stefanie Barz, Tomasz Paterek, Vlatko Vedral, Anton Zeilinger, Caslav Brukner, Philip Walther) erschien im August 2012 in Nature Physics.