Doris Marko: Forschung für sichere Lebensmittel

Ob zur Gewichtsreduktion, Potenzsteigerung oder Hautverjüngung – sogenannte "bioaktive" Lebensmittel liegen voll im Trend. Doch was steckt wirklich hinter den vollmundigen Versprechen der Hersteller, und welche Gefahren sind mit der Einnahme derartiger Produkte verbunden? Doris Marko, seit März 2009 Professorin für Lebensmittelchemie und seit Jänner 2010 Leiterin des Instituts für Lebensmittelchemie und Toxikologie, ist Expertin auf dem Gebiet. In ihrer Antrittsvorlesung am Mittwoch, 11. Mai 2011, klärt sie unter dem Titel "Jungbrunnen oder bittere Pillen?" über die möglichen Potenziale und Risiken von Nahrungsergänzungsmitteln auf.

"Ich beschäftige mich mit zellulären Wirkmechanismen von Lebensmittelinhaltsstoffen und deren Relevanz für die Lebensmittelsicherheit", fasst Doris Marko ihren Forschungsschwerpunkt zusammen, der sie bereits seit 1994 – dem Jahr ihrer Promotion an der Technischen Universität Kaiserslautern – begleitet. Seitdem hat sie die Faszination für dieses Thema nicht mehr losgelassen: "In diesem Bereich stößt man immer wieder auf neue Fragestellungen, die bislang noch nicht untersucht worden sind."

Von 1994 bis 1997 forschte Marko als Post-Doc in Kaiserslautern zu molekularen Mechanismen von traditionellen chinesischen Arzneistoffen. Mit Erfolg – u.a. konnte sie dabei eine ganz neue Klasse von Hemmstoffen identifizieren. 1998 erhielt sie ein Habilitationsstipendium des Landes Rheinland-Pfalz, 2002 die Venia legendi für das Fach Lebensmittelchemie. Anschließend war sie als Juniorprofessorin für Molekulare Ernährungsforschung an der TU Kaiserslautern tätig und wechselte 2005 als Professorin für Lebensmitteltoxikologie an die Universität Karlsruhe.

Neue Horizonte …

Seit März 2009 ist sie nun Professorin für Lebensmittelchemie an der Universität Wien. "Es war ein Herzenswunsch von mir, nach Wien zu kommen", gesteht Marko, die sich für die Schönheit und Sicherheit der Bundeshauptstadt begeistert. Natürlich habe der aktuelle Standort insbesondere auch aus wissenschaftlicher Sicht vieles zu bieten: "Der besondere Reiz liegt für mich darin, dass ich nun zum ersten Mal an einer Volluniversität tätig bin und nicht an einer rein technisch-naturwissenschaftlichen Hochschule. Ich genieße die Möglichkeit, mich bei diversen Veranstaltungen mit VertreterInnen unterschiedlichster Fachrichtungen austauschen zu können. Das ist eine ganz andere Art der Diskussionskultur, die völlig neue Horizonte eröffnet."

… und vielfältige Forschung

Neue Horizonte sucht Doris Marko auch in ihrer wissenschaftlichen Arbeit: "Mein Studienfach ist per se interdisziplinär und lebt mittlerweile wissenschaftlich von sehr engen Netzwerken über die Fakultätsgrenzen hinweg." In Wien seien die Voraussetzungen für fächerübergreifendes Arbeiten vorbildlich, die Lebensmittelchemie selbst zeichne sich durch eine unmittelbare Nähe zur Medizin, Pharmazie und zu den Lebenswissenschaften aus. Dies zeigt sich etwa im neuen interfakultären Initiativkolleg "BioProMoTION", das die Lebensmittelchemikerin gemeinsam mit Verena Dirsch vom Department für Pharmakognosie leitet.

Die Forschungsschwerpunkte, die Marko an ihrem Institut bündelt, sind vielfältig und reichen von der genauen Analyse molekularer Wirkmechanismen von Apfel- und Beereninhaltsstoffen über die Erforschung des Verhaltens bzw. der toxikologischen Relevanz von Nanopartikeln im Verdauungstrakt bis hin zur Untersuchung von Schimmelpilzgiften in Lebensmitteln.

Bioaktive Lebensmittel

Besonders intensiv widmet sich die gebürtige Deutsche zurzeit dem Potenzial bzw. den Risiken von Nahrungsergänzungsmitteln: "Viele der Produkte am Markt basieren auf isolierten Befunden, die aus einer Publikation herausgegriffen wurden. Was die tatsächlichen Auswirkungen einer längeren Einnahme dieser Präparate betrifft, fehlen aber ausreichend gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse. Diese Daten müssen in den nächsten Jahren erhoben werden."

Sollen KonsumentInnen also sicherheitshalber auf die vorwiegend im "Anti-Aging"- und "Wellness"-Bereich angepriesenen Produkte verzichten? "Lebensmittel stellen ohne Zweifel eine reichhaltige Quelle für sogenannte 'bioaktive' Inhaltsstoffe dar. Beim Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln muss man sich aber darüber im Klaren sein, dass diese nicht den gleichen Sicherheitsprüfungen unterliegen wie Arzneimittel. Extrakte aus Lebensmitteln gelten ebenfalls als Lebensmittel. In konzentrierter Form ist man jedoch in der Lage, täglich deutlich höhere Mengen über einen längeren Zeitraum aufzunehmen, als über die durchschnittliche Ernährung möglich wäre. Zu solchem Konsumverhalten fehlen bislang Studien zur Langzeitwirkung. Wir bewegen uns hier in einem Graubereich zwischen Lebensmittel- und Arzneimittelrecht, was aus der Sicht der Lebensmittelsicherheit derzeit sehr unbefriedigend ist", so Marko.

Mittelalter-Rock und Wochenendausflüge


Das Thema Ernährung spielt auch im Privatleben der Ehefrau und zweifachen Mutter eine große Rolle: "Ich koche sehr gerne und bin ein großer Fan frischer, naturbelassener Zutaten." Zu den Hobbies der Lebensmittelchemikerin zählen u.a. Lesen, Motorradfahren, der Besuch von Mittelaltermärkten und Musik. "Wir sind oft auf Konzerten. Mein Lieblingsgenre ist Mittelalter-Rock und Punk-Musik", verrät der bekennende "Tote Hosen"-Fan schmunzelnd. Viel Freude bereiten der Wissenschafterin auch die zahlreichen Ausflüge, die sie mit ihrer Familie unternimmt: "Wir wohnen in der Nähe des Wienerwalds und sind am Wochenende oft unterwegs, um die Gegend hier zu erforschen." (ms)


Die Antrittsvorlesung von Univ.-Prof. Dr. Doris Marko, Vorständin des Instituts für Lebensmittelchemie und Toxikologie, zum Thema "Jungbrunnen oder bittere Pillen? Potenzial und Risiken von Nahrungsergänzungsmitteln" findet am Mittwoch, 11. Mai 2011, um 16.30 Uhr im Kleinen Festsaal der Universität Wien statt. Die Veranstaltung wird von der Fakultät für Chemie im Rahmen des Internationalen Jahrs der Chemie in Kooperation mit den Wiener Vorlesungen durchgeführt.