Kolibris, Zuckerrohr und Klimaforschung
| 03. Februar 2011Nach der Übernachtung im frostigen La Georgina – ohne Heizung sanken die Temperaturen in den Zimmern auf etwa sieben Grad Celsius – hieß es für die TeilnehmerInnen der Costa Rica-Exkursion "Morgenstund hat Gold im Mund": Bereits kurz nach fünf Uhr morgens überprüften sie die beiden Klimastationen in der Nähe der Unterkunft und erlebten auf dem höchsten Gipfel der Umgebung einen atemberaubenden Sonnenaufgang. Lesen Sie hier, was die Studierenden am zweiten Reisetag erlebten.
Um 5.25 Uhr Lokalzeit brechen wir von La Georgina zu den beiden Kestrel-Standorten (Klimastationen) nördlich der Unterkunft auf und besteigen den höchsten Gipfel der näheren Umgebung (ca. 3.400 m). Dabei bietet sich uns ein atemberaubender und sehr seltener Blick, sowohl zur pazifischen als auch zur karibischen Küste. Die Sonne geht um 6.05 Uhr Lokalzeit auf. Anschließend bauen wir die beiden Kestrels wieder ab. Eines steht in einer Senke etwa 50 m unterhalb des Gipfels: Hier beobachten wir Reif auf dem Bewuchs unmittelbar über dem Boden, was auf Bodenfrost hinweist (tiefste Strahlungstemperatur bei minus 2,7°C).
Beim Frühstück in La Georgina verfolgen wir die Nachrichten im TV. Es wird von Vulkanaktivität und Rauch am Turrialba (Vulkan ca. 50 km nördlich von La Georgina) berichtet. Ein Blick aus dem Fenster kann das bestätigen. Wir beobachten Kolibris, die sich um Nektarflaschen tummeln, die als Futterstelle vor den Fenstern angebracht wurden. Kolibris führen ein sehr energieaufwändiges Leben und benötigen daher entsprechend energiereiche Nahrung. In der Nacht verringern sie ihren Stoffwechsel derart, dass sie eine Art kurzen Winterschlaf halten.
Weiter nach San Isidro
Auf der Interamericana nach San Isidro verlassen wir das Hochland, das auch "Käseland" genannt wird. San Isidro (ca. 1.000 m Meereshöhe) befindet sich in einem Trockental (Valle de General), eingekesselt von zwei Gebirgszügen, durch die dort nur geringe Niederschläge fallen. Hier werden Maracujas, Orangen, Ananas, Kochbananen und Kaffee in Plantagen angebaut. Obwohl das Tal auch "Tal des Kaffees" genannt wird, finden wir in San Isidro kein Lokal mit einer Espressomaschine. Die Vegetation ist hier ganz anders. Auch Palmen, Mangobäume, Zuckerrohr sowie Maniok (stärkehaltige Planze) säumen den Weg.
Zuckerrohr und Ananas
Bei einem kurzen Zwischenstopp an einer Zuckerrohrplantage kosten wir zum ersten Mal Zuckerrohr. Der süße Saft kann nach dem Schälen aus dem fasrigen Rohrinneren herausgesaugt werden. Zuckerrohr wird in Österreich nicht angepflanzt, da es sehr viel Sonne und konstant hohe Temperaturen benötigt. In Costa Rica wird es nur im Tiefland bei einer Reifezeit von acht Monaten angebaut.
Nach dem arbeitsintensiven Ernten wird das Zuckerrohr in die nahegelegenen Fabriken transportiert – eine davon ist unsere nächste Station. Hier wird das Rohr gepresst und der Saft getrocknet; die Flüssigkeit verdunstet und der Zucker wird in eine spezielle Form gebracht. Die Wärme dafür gewinnt man aus den Pressrückständen. Die Melasse schmeckt malzig, erinnert an Honig und kann um zwei Dollar pro "Tapa" (ein Kilogramm) gekauft werden. Für einen Liter Rum benötigt man acht Tapas Melasse.
Neben der Straße sind riesige Ananasplantagen zu sehen. Bis die Jungpflanzen erste Früchte tragen, dauert es eineinhalb Jahre. Die reife Frucht wird händisch geerntet, meist von Einheimischen. Anschließend werden die Mutterpflanzen verbrannt. Im Spanischen trägt die Ananas wegen ihres Aussehens den Namen Kiefernzapfen (piña); nach Europa wurde sie erstmals von Christoph Kolumbus gebracht. Heute werden die Früchte für den europäischen Markt unreif geerntet und in Containern nach Europa verschifft. Dort behandelt man sie vor dem Verkauf in sogenannten "Reifereien" mit dem Hormon Ethylen.
Messungen in der Savanne
In Costa Rica gibt es einige trockene Gebiete (Savannen), in denen es mitunter bis zu einem halben Jahr nicht regnet. Hier gibt es auch Bäume, die ihre Blätter abwerfen – für Costa Rica eher untypisch. Eines der beiden Savannengebiete ist Passo Real, wo sich die Natur dem Klima angepasst hat. Ein Beispiel dafür ist der sogenannte "nackte Indianer", ein laubloser Baum, der seine Borke verliert und durch seinen immergrünen Stamm mittels Photosynthese überleben kann. Weitere Merkmale dieses Gebiets sind Schlangen, Lianen und nur eine geringe Anzahl von Baumarten.
Hier bauen wir zwei Kestrel-Stationen auf, die in den kommenden beiden Tagen alle zwei Minuten meteorologische Parameter erfassen. Die beiden nicht weit voneinander entfernten Standorte sollen kleinräumige Unterschiede aufzeigen.
Auf nach La Gamba!
Am Weg nach La Gamba durchqueren wir das Indianerdorf Coure und anschließend den Park in Palmar Norte mit seinen faszinierende Baumarten wie Kanonenbäume oder Flaschenbäume. Zwischen den Bäumen liegen zahlreiche Granitkugeln, deren Zweck bis heute nicht genau bekannt ist.
Bei der Weiterfahrt kommen wir an riesigen Plantagen – Ölpalmen, Kochbananen- und Teakbäume – sowie großen Reisfeldern vorbei. Das Öl der Ölpalme wird vor allem für die Kosmetikindustrie, für Industriefette und immer mehr als Dieselersatz (Biodiesel) verwendet. Obwohl hier viel Reis verzehrt wird (etwa beim beliebten Pinto – Reis mit Bohnen), ist Costa Rica autark und muss den Reis nicht importieren. Bei einem Straßenstand verkosten wir Kochbananen, Kakao und Kokosnüsse.
Schließlich nähern uns La Gamba und wechseln von der Interamericana auf eine mit Schlaglöchern übersäte Schotterstraße. Nach einigen Holzbrücken, die nicht viel breiter als unser Bus und ohne seitliche Begrenzung sind, treffen wir schließlich in der Tropenstation ein. Wir werden mit einem leichten Regenschauer begrüßt und es ist sehr schwül.