6 Fragen an Dekan Robin Golser (2014-16)

Ab 1. Oktober 2014 folgt Robin Golser seinem Vorgänger Markus Arndt als Dekan der Fakultät für Physik. Im Interview erzählt der Isotopenforscher und Kernphysiker über die Herausforderungen der neuen Funktion.

1) Welche Erwartungen haben Sie an Ihre neue Position?
Für mich überwiegt die Freude, die Entwicklung der Fakultät für Physik leiten und mitgestalten zu können: Fakultät ist nicht, Fakultät wird; Dekan ist nicht, Dekan wird. Mir ist wie allen bisherigen Dekanen der Physik sehr an einer "Kultur der Ermöglichung" gelegen. Das hat herausragende Forschungsleistungen ermöglicht, auf die wir sehr stolz sind. Ich möchte in der neuen Position aber auch die "Kultur der Verantwortung" weiter stärken. Freiheit und Verantwortung nicht abstrakt von oben nach unten, sondern konkret für jede einzelne Person in Forschung, Lehre und Verwaltung.

2) Was sehen Sie als größte Herausforderung an?
Ich sehe drei größte Herausforderungen. Entwicklung braucht Raum, nicht nur im Kopf sondern auch in realen Quadratmetern. Wenn wir mehr Herausragendes möglich machen wollen, brauchen wir mehr Platz. Die zweite Herausforderung hat sehr erfreuliche Ursachen: die Studentenzahlen sind rasant gestiegen und steigen rasant weiter, viele hundert Studierende wollen in die Einführungsvorlesung Physik. Besonders im Übungs- und Praktikumsbereich ab dem zweiten Jahr sehe ich noch nicht, wie das längerfristig gehen soll. Die dritte hat ebenfalls einen sehr erfreulichen Hintergrund: wir haben hervorragend qualifizierte jüngere Wissenschafterinnen und Wissenschafter. Für sie klare berufliche Perspektiven zu schaffen ist zweifellos eine große Herausforderung. Ein modernes Tenure-Track-System nützt ihnen und der Universität.


BIOGRAPHISCHES:

Robin Golser, geboren 1959 in Linz, Österreich, ist ab 1. Oktober 2014 Dekan der Fakultät für Physik. 1981-1985 Studienassistent am Institut für Experimentalphysik, Universität Linz. 1985 Diplomingenieur für Technische Physik, Universität Linz. 1986-1991 Vertragsassistent am Institut für Experimentalphysik, Universität Linz. 1987-1994 Studienaufenthalte am Institut für Allgemeine Physik, Technische Universität Wien. 1991-1994 Universitätsassistent am Institut für Experimentalphysik, Universität Linz. 1994 Doktor der Technischen Wissenschaften "sub auspiciis Praesidentis", Universität Linz. 1994-2001 Universitätsassistent am Institut für Isotopenforschung und Kernphysik, Universität Wien. 2001-2007 Assistenzprofessor am Institut für Isotopenforschung und Kernphysik, Universität Wien. 2007 Habilitation für Experimentalphysik an der Universität Wien. 2007-2011 Außerordentliche Professur an der Universität Wien. Seit Oktober 2007 Gruppensprecher der Isotopenforschung, Leiter des Vienna Environmental Research Accelerator (VERA). Seit Oktober 2008 Studienprogrammleiter Physik, Universität Wien. Seit Oktober 2011 Studienprogrammleiter Doktoratsstudium Naturwissenschaften und technische Wissenschaften, Universität Wien. Forschungsaufenthalte an der ETH Zürich; der Australian National University, Canberra; am Argonne National Laboratory, Chicago; am Max-Planck-Institut für Kernphysik, Heidelberg; am Centre de recherche et de restauration des musées de France, Louvre, Paris; am Weizmann Institute of Science, Israel; seit Jänner 2012 Professur für Isotopenphysik, Arbeitsgruppe Isotopenforschung der Universität Wien.


3) Wo sehen Sie die Universität Wien in zehn Jahren, und was ist auf dem Weg dorthin wichtig?
Wenn ich mich erinnere, wo die Universität Wien vor zehn Jahren war, ist es sicher berechtigt zu sagen: Wir sind internationaler, vor allem europäischer geworden und auch deutlich "besser", wenn ich Produktivität in Forschung und Lehre als Maß nehme. Relativ gesehen sind viele andere aber noch deutlicher "besser" geworden. Dieser Trend wird sich fortsetzen, fürchte ich. Ich halte es für wichtig in unserer Gesellschaft Bewusstsein zu schaffen, dass Investitionen in Bildung und Wissenschaft direkt der Zukunft unserer Jugend und dem Wohlstand unseres Landes zu Gute kommen.

4) Ihr wissenschaftliches Vorbild?
Es sind Personen meiner unmittelbaren Umgebung, deren wissenschaftliches Denken und deren Handeln in Forschung und Lehre mir Vorbild sind. Aus der Vergangenheit: Wolfgang Pauli, das Gewissen der Physik seiner Zeit und trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – tief verwickelt in Vorgänge des Unbewussten.


 BLICK INS FOTOALBUM:

"Experimentieren war immer meine grosse Leidenschaft, Studieren weniger. Nach langem Warten aber dann doch Promotion in Anwesenheit von Bundespraesident Klestil am 22. Juni 1994 an der Universitat Linz", so Robin Golser, im Arm seine damals zweijährige Tochter Claudia.




5) Ihr Lieblingsplatz an der Universität Wien?
Ein ruhiger Raum in der Zentralbibliothek für Physik und wenn's draußen sehr schön ist, ein kleiner Hof am Campus.

6) Welches Buch liegt zurzeit auf Ihrem Nachtkästchen?
"Die Kunst des klaren Denkens" von Rolf Dobelli – unterhaltsame, nicht zu schwere Gehirnnahrung.