Barbara Good: Gute Forschung ist international

Anfang September 2019 bezog Barbara Good ihr Büro im International Office der Universität Wien. Als neue Leiterin der DLE gestaltet sie künftig die Internationalisierung der Universität Wien mit – eine "Querschnittsaufgabe", die eine Zusammenarbeit mehrerer Seiten bedarf.

uni:view: Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Aufgabe als Leiterin der DLE Internationale Beziehungen gesteckt?
Barbara Good:
Ich möchte Internationalisierung mit Qualität verbinden, d.h. Maßnahmen im Dienste der Qualitätssicherung und -steigerung umsetzen. Internationalisierung ist kein Selbstzweck, sondern soll der Institution, den Studierenden, Forschenden und Lehrenden nützlich sein. Dieses Ziel setzt eine gute Zusammenarbeit zwischen dem International Office und den Fakultäten, Zentren und anderen Dienstleistungseinheiten voraus. In diesem Sinne ist mir die Kommunikation innerhalb der Universität Wien sehr wichtig.

Barbara Good hat in der Schweiz Politik- und Wirtschaftswissenschaften studiert und mit einer Arbeit zur Wirksamkeit der schweizerischen Innovationspolitik promoviert. Sie hat als wissenschaftliche Assistentin und Postdoc an der Universität Zürich und an der ETH Zürich gearbeitet. Danach war sie rund zehn Jahre in einem internationalen Consulting-Unternehmen in Großbritannien und Österreich tätig und hat große, internationale Projekte – oft in virtuellen Teams – geleitet. Mittlerweile ist sie seit zehn Jahren in Österreich – zuletzt als Head of International Affairs an der FHWien der WKW, wo sie Kooperationen mit Hochschulen rund um den Globus aufbaute. Seit September 2019 ist sie Leiterin der DLE Internationale Beziehungen an der Universität Wien.

uni:view: Inwiefern sind Ihre bisherigen beruflichen Stationen für diese neue Aufgabe hilfreich?
Good:
Ich bringe universitäre, internationale und Führungserfahrung mit. An der Leitung der Internationalen Beziehungen der Universität Wien hat mich gereizt, die Internationalisierung einer renommierten, forschungsbasierten Universität mitzuprägen.

uni:view: Warum ist Internationalisierung ein so relevantes Thema in der Wissenschaft?
Good:
Man kann Forschung nicht "internationalisieren", denn gute Forschung ist international – WissenschafterInnen publizieren in internationalen Journals, nehmen an Konferenzen im Ausland teil und diskutieren ihre Themen mit KollegInnen aus aller Welt. Dem kann man sich in der Wissenschaft nicht entziehen.

uni:view: Im Sinne der internationalen Wissenschaft bemüht sich die Universität Wien seit einigen Jahren um Strategische Partnerschaften. Was hat es damit auf sich?
Good:
Für Universitäten lohnt es sich, Kräfte zu bündeln und Kooperationen einzugehen. Strategische Partnerschaften zeichnen sich durch eine besonders intensive Zusammenarbeit in den Bereichen Forschung, Lehre und Verwaltung aus. Die Universität Wien unterhält derzeit Strategische Partnerschaften mit der Hebrew University in Jerusalem, der University of Chicago, der Peking University und der Fudan University; eine strategische Partnerschaft mit der Kyoto University steht kurz vor der Unterzeichnung. Im Gespräch ist auch eine Kooperation mit einer Universität in Südkorea. Momentan ist Asien im Fokus – es handelt sich um einen sehr dynamischen Wirtschaftsraum, der auch wissenschaftlich immer stärker wird. Mittel- bis langfristig möchten wir etwa zehn Strategische Partnerschaften etablieren, unter anderem mit Hochschulen in Australien, den USA und Großbritannien.

uni:view: Stichwort Großbritannien: Wie wirkt sich die aktuelle politische Situation und der bevorstehende Brexit auf die Forschungskooperationen mit britischen Universitäten aus?
Good:
Brexit lässt momentan ein "window of opportunities" offen und niemand weiß genau, wie es jetzt weitergeht – auch die Universitätsleitungen in Großbritannien nicht. Sie wollen die Verbindungen zu den europäischen Universitäten, dem gemeinsamen Forschungsraum und zum Rahmenprogramm der Europäischen Kommission nicht verlieren und versuchen, sich dementsprechend zu positionieren. Grundsätzlich ist es so, dass Großbritannien ein sehr hochwertiges Hochschulsystem mit renommierten Universitäten aufweist und wir von Strategischen Partnerschaften in Großbritannien enorm profitieren.

uni:view: Wie können sich AbsolventInnen auf den globalisierten Arbeitsmarkt vorbereiten?
Good:
Unsere AbsolventInnen werden nicht nur in der Wissenschaft oder internationalen Konzernen tätig sein, auch in einem österreichischen Unternehmen sind sie mit Internationalisierung und einer globalisierten Wirtschaft konfrontiert: LieferantInnen stammen vielleicht aus Osteuropa oder Südostasien, man betreut KundInnen in ganz Europa und arbeitet mit KollegInnen aus Nordamerika zusammen. Die Lingua Franca in der Wissenschaft, aber auch in der Wirtschaft und auf politischer Ebene ist Englisch – Studierende sollten sich Englisch unbedingt als aktive Arbeitssprache aneignen. Ich empfehle unseren Studierenden auch, ihre Zeit an der Universität Wien zu nutzen, um an Mobilitätsprogrammen teilzunehmen. Sie können so interkulturelles Wissen sammeln und Sensoren entwickeln, wie man auf kulturelle Unterschiede adäquat reagiert.

uni:view: Um die Studierenden dabei zu unterstützen, setzt die Universität Wien unter anderem verstärkt auf Joint Classrooms. Was verbirgt sich dahinter?
Good:
Die Joint Classrooms haben wir vor allem im Zuge der Strategischen Partnerschaften lanciert. Joint Classrooms oder auch Virtual Mobility sehen eine Zusammenarbeit in der Lehre mit anderen Universitäten vor, das kann im Rahmen eines gemeinsamen Online-Projekts oder eines digitalen Seminars geschehen. Wir verbinden dieses Format auch mit sogenannten Kurzmobilitäten; die am Joint Classroom beteiligten Studierenden und Lehrenden treffen sich, um gemeinsam am Projekt weiterzuarbeiten oder es abzuschließen. Nicht alle Studierenden haben die Möglichkeit, ein ganzes Auslandssemester zu absolvieren, manchmal kommen Betreuungspflichten oder Berufstätigkeit dazwischen. Darum sind Joint Classrooms ein wichtiger Beitrag zur "Internationalisation at home", sie sollen ermöglichen, auch im eigenen Land internationale Erfahrungen zu sammeln.

Joint Classrooms sind Lehrveranstaltungen, die in Vernetzung mit einer Partneruniversität der Universität Wien abgehalten werden. Lehrende der beteiligten Universitäten entwickeln eine Lehrveranstaltung und führen diese gemeinsam nach Blended-Learning-Ansätzen durch. Blended Learning bezeichnet eine Lernform, die eine didaktisch sinnvolle Verknüpfung von traditionellen Präsenzveranstaltungen und modernen Formen von E-Learning anstrebt

uni:view: Inwiefern ist Mobilität für Sie persönlich ein Thema?
Good:
Ich komme ursprünglich aus der Schweiz und habe bereits im Gymnasium an einem französischsprachigen Collège in Genf die innerschweizerische Mobilität erprobt. Während des Studiums habe ich ein Auslandssemester an der University of Massachusetts absolviert und wie die allermeisten in dieser Zeit eine große persönliche Entwicklung durchgemacht. Dort habe ich gelernt, das Andere nicht sofort zu beurteilen und mit Zuhause zu vergleichen, sondern Unterschiede zuerst einmal wertfrei wahrzunehmen. Über Großbritannien bin ich vor rund zehn Jahren nach Wien gekommen – hier sprechen wir zwar die gleiche Sprache, aber so einige kulturellen Unterschiede stelle ich noch immer fest. (lacht)

uni:view: Vielen Dank für das Interview!
(hm)