Digitalisierung: "Es entsteht ein Kulturwandel an der Uni"

Studierende der Universität Wien tauschen sich aus.

Veränderungen durch Digitalisierung prägen auch Universitäten. Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung fördert deshalb Vorhaben, die den Unis erlauben, diesen Wandel noch aktiver zu gestalten. Die Uni Wien ist mit einigen Projekten an Bord.

Durch die Digitalisierung transformieren wir nicht nur wirtschaftliche, politische, und gesellschaftliche, sondern auch wissenschaftliche Gefüge. Im Zuge der Ausschreibung "Digitale und soziale Transformation in der Hochschulbildung" fördert das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung Vorhaben, die einen Schub für das öffentliche Universitätssystem bedeuten, und denen digitale Innovation sowie die soziale Dimension zentrale Anliegen sind.

Ronald Maier ist seit 1. Oktober 2019 Vizerektor für Digitalisierung und Wissenstransfer an der Universität Wien. Gemeinsam mit anderen Unis hat die Universität Wien unter seiner Koordination Ende 2019 Digitalisierungsvorhaben beim Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung eingereicht und leitet nun vier dieser Projekte und ist an weiteren beteiligt. (© derknopfdruecker.com)

Bei 14 der genehmigten Projekte ist die Universität Wien an Bord, vier davon stehen unter ihrer Leitung. "Diese sollte man aber nicht einzeln sehen, sondern die Zusammenschau betrachten", findet Ronald Maier, der seit Oktober 2019 Vizerektor für Digitalisierung und Wissenstransfer an der Uni Wien ist, "denn die Projekte stehen in Bezug zueinander."

Drei große Bereiche werden gefördert

Es gebe drei große Bereiche, so Maier: Digital Teaching Innovation, Research Data Management und Open Access, sowie E-Administration. "Im Bereich Digital Teaching Innovation geht es darum, für die Studierenden als größte Gruppe der Universitätsangehörigen einen Mehrwert zu schaffen und eine Infrastruktur und Konzepte zu entwickeln, wie wir digitale Innovationen nachhaltig im Universitätsleben von Studierenden verankern können."

Digitale Innovationen in der Lehre

Im Projekt "Teaching Digital Thinking. Strategien zur Konzeption, Vermittlung, Dynamisierung und nachhaltigen Implementierung" entwickeln Nicht-Informatiker*innen gemeinsam mit Informatiker*innen neue Inhalte, didaktische Methoden und Prototypen für die Vermittlung von "Digital Skills". "Wir sehen alle Disziplinen in der Lage, für die Digitalisierung relevante Erfahrungen konstruktiv-kritisch beitragen zu können", erklärt Maier, "denn in allen Bereichen gibt es heute Wissen über die Digitalisierung, ihre Wirkungen oder die Gestaltung und Reflexion digitaler Innovationen."

Teaching Digital Thinking: Im Mittelpunkt dieses Projekts steht die Schaffung eines österreichweiten Konzepts, das einem möglichst breiten Spektrum von Studierenden Kompetenzen vermitteln soll, die für das Verständnis, die Reflexion und Gestaltung digitaler Umbrüche nötig sind. Der Schwerpunkt liegt auf Lehrpraktiken. "Was passiert wirklich in den Kontaktstunden an der Uni? Wie können wir das Live-Erlebnis gestalten in einer Welt, in der Wissen digital repräsentiert wird?", so Maier. (© istock/Peter-Howell)

Auch das Projekt "Open Education Austria Advanced" unter der Leitung der Uni Wien fällt in den Bereich der digitalen Innovation der Lehre. Hier geht es darum, freien Zugang zu Lernressourcen zu schaffen, um diese national und international zugänglich zu machen und so auch die Sichtbarkeit der universitären Lehre zu erhöhen. Die beteiligten Universitäten ermöglichen damit einen Wissenstransfer von der Universität in andere Bildungseinrichtungen und in die Öffentlichkeit.

Open Education Austria Advanced: Grundlage für hochwertige Open Educational Resources (OER), die Lehrenden, Studierenden und Interessierten zur Verfügung stehen. Die beteiligten Unis erstellen ein Konzept, um OER und Open Educational Practices an österreichischen Hochschulen zu etablieren. Dazu gehören Services für Lehrende zur Entwicklung von OER inkl. Weiterbildungskonzept, nationale OER-Zertifizierungsstelle und Ausbau technischer Infrastruktur. (© Barbara Mair)

Digitale Forschungsdaten

Im Themenbereich Research Data Management und Open Access werden nachhaltige Schritte gesetzt, um den Forscher*innen eine Unterstützung bei der Planung, Erhebung, Anschaffung, Analyse und Interpretation von Daten, der Sicherung des fairen Zugangs und finalen Archivierung anzubieten. Zwei der bewilligten Vorhaben, die sich damit beschäftigen, sind Leadprojekte der Uni Wien.

Eines davon ist "Digitize! Computational Social Sciences in der digitalen und sozialen Transformation", das sich mit dem gesamtgesellschaftlichen Wandel durch Digitalisierung auseinandersetzt: Denn Digitalisierung führt in allen gesellschaftlichen Bereichen zu sozialen Transformationen. Das Projekt Digitize! will diese Veränderungen wissenschaftlich analysieren, empirische Daten erheben und mit Innovationen aus den Data Sciences, beispielsweise wie man Algorithmen für die Datenanalyse nutzen kann, verknüpfen.

Digitize! Im Rahmen dieses Projekts werden neue digitale Datenformate wie Big Data, Verfahren wie digitale Datengenerierung, Methoden und Verknüpfungen wie Algorithmen für Datenanalyse erforscht und getestet. Um ethischen und rechtlichen Maßstäben wie dem Datenschutz zu genügen, werden gemeinsame Standards und Praktiken für die Computational Social Sciences etabliert. Die Ergebnisse werden der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und in der Lehre eingesetzt. (© Pexels)

Das zweite Projekt Austrian Transition to Open Access 2 – kurz AT2OA² – hat, wie schon das Vorgängerprojekt Austrian Transition to Open Access (01.01.2017 – 31.12.2020), zum Ziel, den Wandel von Closed zu Open Access bei wissenschaftlichen Publikationen voranzutreiben. Durch die dauerhafte und frei zugängliche Bereitstellung von wissenschaftlichen Informationen soll Wissen demokratisiert werden.

Austrian Transition to Open Access 2: Nationaler Data Hub, der Publikationsdaten aufbereitet, um sie für österreichweites OA-Monitoring sowie Verhandlungen mit wissenschaftlichen Verlagen zu nutzen, denn solche Vereinbarungen ermöglichen ein kostengünstiges OA-Publizieren. Zudem wird eine Sensibilisierungskampagne zum Problemfeld Predatory Publishing entwickelt und anhand alternativer Metriken untersucht, ob OA die Sichtbarkeit wissenschaftlicher Publikationen erhöht. (© Universität Wien) 

Digitale Administration

Der dritte große Bereich ist die E-Administration: "Hier wollen wir herausfinden, welche Infrastrukturen, Werkzeuge und Prozesse zwischen den Universitäten ausgetauscht und gemeinsam gestaltet werden können, um den nächsten Schritt in der digitalen Transformation des administrativen Rückgrats für die Forschung, Lehre und Wirkung unserer Universität gehen zu können", erklärt Vizerektor Maier.

"Kooperationen sind notwendig"

Keines dieser geförderten Projekte wird von einer Universität allein ausgeführt, es bestehen immer Kooperationen. Das sei auch notwendig, so Maier, denn: "Die Digitalisierung ist eine sehr schnelle Bewegung und je kohärenter wir arbeiten, desto schneller schaffen wir es, die Nachfrage von Seiten der Studierenden und der Mitarbeiter*innen befriedigen zu können."

Insgesamt seien die Projekte "ein Push" für die Gesamtdigitalisierungsstrategie der Uni, so Maier. Das neue Programm soll in Abstimmung mit bereits laufenden Großprojekten wie u:space (Online Portal für Studierende) und HR4u (neues Personalmanagementsystem) voranschreiten. Dafür müsse die digitale Transformation als Querschnittsfunktion gedacht werden, in der digitale Innovationen aus Gesamtuniversitätssicht selektiert und priorisiert, Projekte an Prinzipien orientiert, Entwicklungen kohärent vorangetrieben und kritisch reflektiert werden. "Damit entsteht ein Kulturwandel, ein gemeinsames Mindset an der Uni Wien", schließt Maier. (sn)