In memoriam Friedrich Brein (1940-2011)

Die Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät trauert um Friedrich Brein, der am 1. März 2011 nach schwerem Leiden verstorben ist.

In der unter St. Peter in Rom aufgedeckten Nekropole kam ein Grabmonument ans Tageslicht, welches die Form einer Kline hat. Auf diesem Totenbett ist in Lebensgröße die Gestalt des Flavius Agricola aus Tibur in fortgeschrittenem Alter dargestellt. Er setzt sich einen Kranz auf das Haupt, hält in der Linken einen Becher und empfiehlt in einem erheiternden Grabgedicht den Besuchern der Grabstätte, das Leben nach Möglichkeit zu genießen. Dieses Bild des Totengelages möge symbolisch an die Begeisterung erinnern, mit der unser Freund und Kollege Friedrich Brein in seiner Freizeit sein "vinetum" kultivierte und feine Produkte kelterte.

Am 1. März 2011 musste Ao. Univ.-Prof. Dr. Friedrich Brein nach schwerem Leiden von der Bühne des Lebens abtreten. Sein viel zu früher Tod hinterlässt in der archäologischen Wissenschaft Österreichs eine schmerzliche Lücke; Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen und Schüler trauern um ihn.

1940 in Wien geboren, hat sich der Verstorbene nach der Matura (1958) für das Studium der Altertumswissenschaften entschieden und belegte an der Alma Mater Rudolphina die Fächer der Klassischen Philologie, Archäologie und Alten Geschichte. Wissenschaftlich hoch begabt wurde er bereits 1964 mit einer Dissertation über den "Hirsch in der griechischen Frühzeit" zum Dr. phil. promoviert. Die Welt der griechisch-römischen Antike war seine Berufung. Am traditionsreichen Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik an der Universität Wien, das mit den Nachbarinstituten der Klassischen Philologie und der Sprachwissenschaft ideale Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen bot, holte er sich das Rüstzeug einer erfolgreichen Laufbahn, in der Wien stets sein Lebensmittelpunkt war.

"Sein kritisches Wesen forderte Studierende …"

Aufgrund seiner hervorragenden Qualifikation wurde Friedrich Brein bereits 1962 als cand. phil. auf die Stelle eines Hochschulassistenten am Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik berufen. In dieser Funktion vertiefte er seine Kenntnisse auf dem Gebiet der antiken Kunstgeschichte ebenso wie in der archäologischen Feldforschung und wurde so an der Seite seiner Lehrerin Hedwig Kenner systematisch an die Aufgaben der akademischen Lehre herangeführt. Ob in der Bibliothek des Instituts, in der von ihm verwalteten archäologischen Original- und Abguss-Sammlung, auf Exkursionen oder bei Ausgrabungen (Magdalensberg/Kärnten, Ephesos/Türkei) tat er sich durch scharfe Beobachtungsgabe und subtile Analyse hervor.

Sein kritisches Wesen forderte die Studierenden zum Schauen und Nachdenken heraus. Aus diesem Tätigkeitsbereich entwickelte sich alsbald ein äußerst erfolgreiches Wirken in der akademischen Lehre. Seine breite Kenntnis der antiken Denkmäler, seine kritisch-analytische Vorgehensweise bei deren Betrachtung und Interpretation brachten unter den Studierenden so manche/n erfolgreiche/n Forscher/in hervor.
 
Fritz Brein lehrte an der Wiener Universität seit 1971, zuerst als Assistent und Lehrbeauftragter, nach seiner 1982 erfolgten Habilitation für Klassische Archäologie als Dozent und schließlich als Außerordentlicher Universitätsprofessor. Auch nach seinem Übertritt in den Ruhestand im Jahr 2000 begleitete er die Studierenden weiter auf ihrem Weg in den Beruf.

"Über Österreich hinaus geschätzt"

Neben dem Lehrer muss des Forschers Friedrich Brein ebenso dankbar wie respektvoll gedacht werden. Auch als solcher war er über Österreich hinaus geschätzt und geachtet. Seine Schriften lassen unmissverständlich erkennen, dass er sein Fachgebiet in der ganzen Breite bravourös beherrschte und in der Lage war, jedwede Fragestellung der griechischen und römischen Archäologie wissenschaftlich zu bearbeiten. Seine bereits erwähnte, als Band 34 der Dissertationen der Universität Wien erschienene Doktorarbeit (1969) ist auch heute noch ein unentbehrliches Werk der Motivforschung.

Mit der Herausgabe von Julius Jüthners Lebenswerk über "Die athletischen Leibesübungen der Griechen", Teil  I (1964) und Teil II (1968) konnte er sich als anerkannter Fachmann auf dem Gebiet des antiken Sportwesens profilieren. Die beiden Bände "Geschichte der Leibesübungen" und "Lauf-, Sprung- und Wurfbewerbe" sind ebenso als Standardwerke dieser Forschungsdisziplin zu sehen wie seine Habilitationsschrift "Die Leibesübungen im alten Griechenland" (1978).

Neue Maßstäbe

Ein weiterer Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit war Zeit seines Lebens die Erforschung der griechischen Keramik, ein Fachgebiet, auf dem er es zu großer Meisterschaft brachte. Dabei beschränkte er sich nicht allein auf die Bearbeitung von Beständen der Archäologischen Sammlung der Universität Wien, sondern erwarb sich auch als Initiator der Keramikforschung bei den von Anton Bammer geleiteten Grabungen im Heiligtum der Artemis von Ephesos bleibende Verdienste. So publizierte er Studien zur geometrischen Keramik von Ephesos, zum Problem der westanatolischen bzw. ostgriechischen Keramik oder zum Tieropfer am Artemisaltar von Ephesos. Mit diesen Arbeiten setzte er neue Maßstäbe bei der weiteren Erforschung dieses renommierten Grabungsplatzes und befruchtete das Engagement jüngerer ForscherInnen.
 
Abseits seiner Forschungsschwerpunkte in der griechischen Archäologie hat Fritz Brein aber immer wieder auch zu aktuellen Forschungsfragen des römischen Kulturkreises Stellung bezogen und ebenso lehrreiche wie anregende Arbeiten publiziert.

Engagierter Funktionär

Schließlich dürfen Fritz Breins Verdienste als engagierter Funktionär der Universität Wien nicht vergessen werden. Viele Jahre führte er den Vorsitz der Studienkommission "Klassische Archäologie" und fungierte als Studiendekan. Er war Mitglied der Institutskonferenz, des Fakultätskollegiums und des akademischen Senats, wo er die schwierige Aufgabe der Leitung des Finanzausschusses zu bewältigen hatte. Er war darüber hinaus aufgrund seines administrativen Erfahrungsreichtums und seines wissenschaftlichen Ansehens in zahlreichen Universitätskommissionen in Wien und an anderen österreichischen Standorten als Mitglied sehr geschätzt.

Überblicken wir so das Lebenswerk des Lehrers und Forschers Friedrich Brein, so kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass er zur Entwicklung und zum internationalen Ansehen der archäologischen Wissenschaft an der Universität Wien in den letzten Jahrzehnten wesentlich beigetragen hat. Von seinem unerwarteten, viel zu frühen Abschied sind wir tief berührt. Sein Werk und sein Wirken bleiben jedoch unvergessen und werden weiter leben.

Für das Institut für Klassische Archäologie:
Werner Jobst, Wien/Trnava (SK)