In memoriam Kurt L. Komarek (1926-2016)

Das Institut für Anorganische Chemie trauert um den emeritierten Professor und ehemaligen Rektor der Universität Wien Kurt L. Komarek. Der Chemiker verstarb am 18. Mai kurz vor seinem 90. Geburtstag.

Am 18. Mai 2016, knapp vor seinem 90. Geburtstag, verstarb Kurt L. Komarek während einer Urlaubsreise in Marokko - irgendwie passend für ihn, der Zeit seines Lebens gerne und viel gereist ist.

Kurt Komarek wurde am 23.06.1926 in Wien geboren, verbrachte aber den allergrößten Teil seiner Kindheit und Jugend in St. Pölten, wo er auch Volksschule und Realgymnasium absolvierte. Er begann noch im März 1944, nach einer sogenannten "Kriegsmatura", mit dem Chemiestudium an der Universität Wien, welches allerdings sehr bald durch Militärdienst bei der Deutschen Kriegsmarine und amerikanische Kriegsgefangenschaft unterbrochen wurde. Kurt Komarek promovierte Ende 1950 mit einer Dissertation zum ternären Legierungssystem Aluminium-Eisen-Silicium bei Hans Nowotny zum Dr.phil.

Der Chemiker Kurt L. Komarek verstarb am 18. Mai im Alter von 89 Jahren. (Foto: Privat)


Nach mehr als zwei Jahren als Forschungschemiker bei den Treibacher Chemischen Werken in Kärnten kehrte er 1953 zurück nach Wien, und zwar an die damalige Technische Hochschule, wo es ihn aber auch nur zwei Jahre hielt. Im Jahr 1955 emigrierte er in die Vereinigten Staaten und wurde zunächst Associate Engineering Scientist, dann Assistant Professor und schließlich Associate Professor am Department of Metallurgy and Materials Sciences der New York University (New York, N.Y.), eine Position, die er bis 1966 innehatte.

Im Jahr 1966 nahm er den Ruf auf eine Professur für Anorganische Chemie an der Universität Wien an, eine Professur, welche er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1994 innehatte. Aus den USA brachte er das Interesse für zwei Forschungsgebiete mit: die Eigenschaften von nichstöchiometrischen intermetallischen Verbindungen und die Eigenschaften von flüssigen Legierungen, die auch im flüssigen Zustand immer noch eine merkliche Nahordnung zeigen. Und dieses Interesse hat ihn dann bis zu seiner Emeritierung nicht mehr losgelassen, auch wenn ihn zwischendurch immer wieder verschiedene andere Funktionen sehr in Anspruch nahmen. Etwa 150 Publikationen in wissenschaftlichen Zeitschriften sind das Ergebnis seiner Forschungsarbeiten.

In den Jahren 1974-1975 war Kurt Komarek Dekan der damaligen Philosophischen Fakultät, und in den Studienjahren 1977/78 und 1978/79 war er Rektor der Universität Wien, übrigens der erste Rektor der, entsprechend dem neuen UOG 75, von allen Kurien gewählt wurde. Seine verbalen Scharmützel als Vorsitzender der Rektorenkonferenz mit der damaligen Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg sind legendär geworden.

Bald danach (1982) wurde er zum Präsidenten des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) berufen, eine Funktion, die er bis 1991 ausübte, und in der er eine ganze Reihe von Akzenten für die Grundlagenforschung in Österreich setzte. Daneben war Kurt Komarek ab 1975 bis zu seiner Emeritierung auch in der IUPAC (International Union of Pure and Applied Chemistry) höchst aktiv, und zwar sowohl in der Commission on High Temperature and Solid State Chemistry als auch in der Division of Inorganic Chemistry.

Im Jahr 1978 wurde er zum Wirklichen Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gewählt, und als Akademie-Mitglied wurde er auch ab 1991 in der IIASA (International Institute for Applied Systems Analysis mit Sitz in Laxenburg bei Wien) tätig, und zwar bis zum Jahr 2009. Damit war Kurt Komarek das längsdienende Mitglied des IIASA Councils, in welchem er sogar für kurze Zeit den Vorsitz und den stellvertretenden Vorsitz innehatte.

Neben all diesen Tätigkeiten war Kurt Komarek auch ein begeisterter und begeisternder Hochschullehrer. Seine Einführungsvorlesung für Erstsemestrige im Chemie- und Pharmaziestudium jeweils im Wintersemester war legendär, nicht nur wegen der Beginnzeit von Montag bis Freitag pünktlich um 08:00 Uhr, sondern auch deswegen, weil er diese offiziell fünfstündige Vorlesung tatsächlich jeden Tag von 08:00 bis 09:00 Uhr las und damit daraus eine de-facto fast siebenstündige Vorlesung machte. Aber es war ihm stets wichtig, sofern es nur irgendwie möglich war, diese Vorlesung selber zu halten.

Es wäre unmöglich, alle Preise und Ehrungen hier aufzuzählen. Beispielhaft seien erwähnt:
•    Josef Loschmidt-Medaille der Gesellschaft Österreichischer Chemiker;
•    Erwin Schrödinger-Preis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften;
•    Kardinal Innitzer-Preis;
•    Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse;
und dazu kam noch ein Ehrendoktorat der Universität Stuttgart.

Kurt Komarek war ein strenger aber gerechter Lehrer und Prüfer, er war ein er fairer und stets hilfsbereiter Vorgesetzter für alle seine MitarbeiterInnen, deren Hochachtung und Verehrung er bis zu seinem Lebensende genoss. In den Jahren nach seiner Emeritierung wurde er für einige von uns zu einem väterlichen Freund. Es war pures Vergnügen, einmal im Monat mit ihm Tarock zu spielen (natürlich Königsrufen), und es wäre nicht Kurt Komarek gewesen, hätte er nicht bis zum Schluss stets sehr konzentriert gespielt und sich diebisch über ein gewonnenes Spiel gefreut.

Er wird uns unendlich fehlen.

Herbert Ipser für das Institut für Anorganische Chemie.