Im Juni feierte die Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft ihren "Dies Facultatis". Heuer mit Fokus auf das Institut Wiener Kreis, das seit 2011 zur Fakultät gehört – den Festvortrag hielt Friedrich Stadler von der Universität Wien, der Gründer und wissenschaftliche Leiter des Instituts.
Am 14. Juni feierte die Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft ihren Dies Facultatis in der Aula am Campus der Universität Wien.
Der Fakultätstag stand in diesem Jahr unter dem Motto "(Re)Konstruktion einer unvollendeten Modern. Das Institut Wiener Kreis im Rahmen von Philosophie und Bildungswissenschaft."
In ihren Begrüßungsworten betonte Vizerektorin Christa Schnabl die Bedeutung des Dies Facultatis für das Selbstverständnis der Fakultät und das fächerübergreifende Nachdenken über die Grundlagen und Methoden unserer wissenschaftlichen Arbeit.
Mit dem Thema des Dies Facultatis wolle die Fakultät auch die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass das Institut Wiener Kreis seit 2011 eine Subeinheit der Fakultät ist, erklärte Dekanin Elisabeth Nemeth. Die Eingliederung des Instituts Wiener Kreis habe das wissenschaftliche Profil der Fakultät wesentlich bereichert und neue kooperative Forschungsperspektiven sowohl für die Philosophie als auch für die Bildungswissenschaft eröffnet.
Vizedekan Wilfried Datler sprach über den Psychoanalytiker Rudolf Eckstein, der vor den Nazis aus Wien geflohen ist und von den 1970er Jahren an Gastprofessuren an der Universität Wien innehatte. Eckstein war eng mit seinem Doktorvater Moritz Schlick, der zentralen Figur des Wiener Kreises, verbunden.Im Jahr 2006 überließen die Erben von Rudolf Eckstein seine wertvolle Bibliothek der Fachbibliothek für Bildungswissenschaft. Sie enthält neben weiteren Schätzen u.a. auch eine bemerkenswert große Zahl von Publikationen aus dem Wiener Kreis und dessen Umfeld.
Den Hauptvortrag hielt der Vorstand des Instituts Wiener Kreis, Friedrich Stadler. Er zeichnete die Geschichte vom philosophischen Zirkel um Moritz Schlick in den 1920er und 1930er Jahren bis zum heutigen Institut Wiener Kreis nach und gab einen dichten Überblick über die Forschungsleistungen des 1991 als Verein gegründeten Instituts.
Wie viele andere modernistische Richtungen in Wissenschaft, Kunst und Philosophie wurden auch die Aktivitäten des Wiener Kreises vom autoritären Ständestaat bekämpft, Moritz Schlick wurde 1936 von einem verhetzten Studenten erschossen. Unter dem Naziregime waren die meisten Mitglieder zur Emigration gezwungen und wurden nach dem Krieg nicht zurückgeholt. Friedrich Stadler betonte, dass die Eingliederung des Instituts Wiener Kreis in die Fakultät eine Art symbolischer Rückkehr einer Moderne an die Universität Wien bedeutet, die durch die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts unvollendet geblieben ist.
Zu diesem ernsten Thema gab es ein durchaus amüsantes Rahmenprogramm: eine Auswahl von Liedern, deren Texte Felix Kaufmann in den 1920er Jahren zu populären, meist Wiener Melodien geschrieben hat.
Der Sänger Peter Mitschitczek und der Pianist Dimitar Kosev führten die Lieder mit viel Bravour auf. Die Themen der Lieder reichten von der Grenznutzenlehre über Husserls Phänomenologie bis zur Antimetaphysik des Wiener Kreises. Da beschwerte sich ein Forscher über die Haarspaltereien eines Methodologen und ein "Grenznutzler" trat als Wiener Fiaker auf: "A Liberaler kann a jeder wern, begründen kann man’s nur in Wean".
… sehr zum Gaudium des Publikums, ...
… das am Schluss noch zum Mitsingen des "antimetaphysischen Trutzliedes" eingeladen wurde.
… klang der Sommerabend im Campus der Universität Wien bei Buffet und Getränken aus. (Text: Gastbeitrag der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft, Fotos: Joseph Krpelan/Universität Wien)