Lehrer*innen stärker belastet, benachteiligte Kinder abgehängt

Kind im Homeschooling

Im Vergleich zum ersten Lockdown im Frühjahr kommen Schüler*innen und Lehrer*innen besser mit dem Distance Learning zurecht, insgesamt hat sich die Situation im zweiten Lockdown aber weiter verschärft, so eine Studie der Uni Wien.

Mehr Lehrer*innen und Schüler*innen fühlen sich im zweiten Lockdown durch die Situation belastet: Die mehr als 1.800 befragten Pädagog*innen befürchten außerdem, dass Kinder und Jugendliche mit schwieriger Ausgangslage weiter abgehängt werden.

Bei einer ersten Online-Befragung des Teams um Susanne Schwab vom Zentrum für LehrerInnenbildung im Frühjahr hatten noch 61 Prozent der damals rund 3.500 befragten Lehrer*innen (vorwiegend aus Volks- und Mittelschulen, AHS und Sonderschulen) angegeben, dass sie (eher) stark belastet sind. Unter den diesmal befragten Pädagog*innen, von denen ein Drittel auch bei der ersten Studie dabei war, waren es bereits 74 Prozent. Bei den Schüler*innen gab es zumindest nach Einschätzung der Lehrer*innen ebenfalls einen Anstieg (von 64 auf rund 69 Prozent).

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Deutlich mehr Kinder und Jugendliche als im Frühjahr verfügen mittlerweile über eine ausreichende Computer-Ausstattung, um daheim zu lernen (71 gegenüber 36 Prozent). Allerdings ist auch diesmal nach Angaben der Lehrer*innen wieder jedes sechste Kind der Meinung, es "habe gerade Ferien" und mehr als jedes zehnte Kind arbeitet immer noch nicht aktiv an den Schulaufgaben daheim mit. Ebenfalls jede*r zehnte Schüler*in ist laut den Lehrer*innen digital nicht erreichbar, an den Sonderschulen sind es sogar fast dreimal so viele.

Verbesserte Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit mit den Eltern und den Kolleg*innen, vor allem aber mit den Schüler*innen, hat sich aus Sicht der Befragten im Vergleich zum ersten Lockdown verbessert. Von Studienteilnehmer*innern wurde besonders oft von besserer Kommunikation zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen, der Stärkung der digitalen Kompetenzen aller Beteiligten und besserer Organisation des Schulalltags durch Lehrer*innen, Eltern und Schüler*innen berichtet.

Die Auswirkungen der Schulschließungen schätzen die Befragten bei der Studie Inclusive-Home-Learning (INC-LEA) dennoch weiterhin dramatisch ein: Bei über zwei Drittel der Kinder mit niedrigem sozioökonomischem Hintergrund, bei jedem zweiten Kind mit geringen Deutsch-Kenntnissen und bei mehr als einem Drittel der Schüler*innen, denen wegen körperlicher oder psychischer Beeinträchtigung Sonderpädagogischer Förderbedarf (SPF) attestiert wird, erwarten sie eine schlechtere Entwicklung der Schulleistung. Bei Schüler*innen ohne spezielle Merkmale gehen die Lehrer*innen bei rund 16 Prozent von einem Leistungsabfall aus. Dementsprechend sind auch über 60 Prozent der Lehrer*innen der Meinung, dass sich Chancenungerechtigkeit durch den Fernunterricht verstärkt.

Auch die Auswirkungen von Covid-19 auf das Schulsystem ist nach Wahrnehmung der Befragten massiv: Vor der Krise beurteilte die Mehrheit es noch mit "Gut", jetzt reicht es nur noch für ein "Befriedigend". Fast jede*r Zehnte vergibt ein "Nicht Genügend", das hätte vor der Krise nur ein Prozent der befragten Lehrer*innen getan. (APA/red)