Mein Business: "Menschen das Schreiben schmackhaft machen"

Porträt von Absolventin der Geschichtswissenschaft und Gründerin des writers´ studio Judith Wolfsberger

Mit dem writers‘ studio hat Uni Wien-Absolventin Judith Wolfsberger einen Ort geschaffen, wo jeder und jede die persönliche Schreibkompetenz lernen und stärken kann. COVID-19 hat die Gründerin ins kalte Wasser springen lassen: Ein Teil der Workshops wird nun digital, aber mit "analogem Feeling" angeboten.

Sie haben 2002 Ihr Unternehmen writers´ studio gegründet. Können Sie Ihr "Baby" kurz beschreiben?
Judith Wolfsberger: Das writers´ studio bietet innovative Schreib-Workshops und Schreib-Lehrgänge an. Wir orientieren uns stark an der sehr langen und bunten Tradition des "Creative Writing" in den USA, und haben damit Neuland in Österreich betreten. Ob wissenschaftliches Schreiben oder Schreibkompetenz fürs Business Flow und kreative Tools für den gesamten Schreibprozess kann jeder und jede brauchen. Das writers´ studio hat mittlerweile über 100 Schreibtrainer*innen ausgebildet, die v.a. im universitären Bereich Menschen das Schreiben schmackhaft machen. Schreiben ist nämlich lern- und lehrbar und kann leicht gehen.

Im Dossier "Mein Business" stellen Alumni der Universität Wien ihr Start-up vor und verraten Tipps und Tricks für (zukünftige) Gründer*innen. Das Dossier läuft in Kooperation zwischen dem uni:view Magazin und der DLE Forschungsservice und Nachwuchsförderung.

Inwiefern hat ihr Studium beim Weg in die Selbstständigkeit eine Rolle gespielt?
Wolfsberger: Mir war schon während meines Studiums der Geschichtswissenschaft klar, dass ich weder Lehrerin noch Wissenschafterin werden möchte. Insofern war alles offen. Dass ich schon eine Buchhändlerlehre absolviert und Berufspraxis im Buchhandel hatte, machte es sicher leichter, einen Beruf zu finden. Vor der Selbstständigkeit war ich einige Jahre in Buchverlagen angestellt. Was ich in meinem geisteswissenschaftlichen Studium sicher gelernt habe, war selbstständig zu denken, Fragen zu stellen und Antworten abzuwägen. Es gab keine Lehrbücher zum Auswendiglernen und dieses sich selbst einen Weg in neue Gefilde bahnen können, ist auch hilfreich für die berufliche Selbständigkeit.

Was hat sich durch die Situation rund um Corona für Ihr Unternehmen verändert? Werden sich diese Veränderungen auch zukünftig in Ihrem Angebot widerspiegeln?
Wolfsberger:
Wir haben das Glück in einem Feld tätig zu sein, im Seminar-Business, in dem es schon lange Online-Angebote gibt. Doch ich selbst, als großer Fan analogen Schreibens und von gemeinsamen realen Schreibräumen, hatte vor Corona kein allzu großes Interesse daran, so etwas im writers´ studio anzubieten. Doch Corona hat uns ins kalte Wasser springen lassen. Ich habe mit meinem Team sehr schnell und sehr scharf überlegt, wie wir analoges Feeling in unsere Online-Seminare bekommen können. Und was wir tun müssen, um keinesfalls unsere speziellen didaktischen Werte wie sanften Austausch und Friendly Feedback zu verlassen. Wir waren sehr kreativ und arbeiteten quasi Tag und Nacht, um rasch etwas ganz Neues zu entwickeln und auf die Beine zu stellen. Die Rückmeldungen unserer Teilnehmer*innen und Trainer*innen auf diese neuen Web-Workshops waren überraschend positiv. So werden wir weiterhin auch Web-Workshops anbieten – neben all den Präsenzangeboten.

Auf die aktuelle Situation rund um COVID-19 bereitet kein Lehrbuch vor. Auf welche Tools aus Ihrem Studium an der Universität Wien bzw. auf welche Erfahrungen als Unternehmer*in konnten Sie dennoch zurückgreifen?
Wolfsberger:
In meinem Studium der Geschichte und Wissenschaftstheorie gab es sowieso keine "klassischen" Lehrbücher. Ich denke, dass ich als Unternehmerin immer schon flexibel sein und Angebote abändern, Neues wagen, Risiken eingehen musste. Das geht am besten in guten, kreativen Teams. Ich muss sagen, dass ich sehr gerne mit anderen geistes- und humanwissenschaftlich ausgebildeten Menschen zusammenarbeite; das hohe Reflexionsniveau und die Offenheit für neue Fragen sind gerade auch in Krisensituationen sehr bereichernd.

Das alma Mentoring kann problemlos während der Corona-Zeit genutzt werden und ist ein hilfreiches Tool, um jeglicher Art von Unsicherheit bei Berufseinstieg oder Unternehmensgründung zu begegnen: Einfach auf mentoring.univie.ac.at registrieren und unter mehr als 300 Absolvent*innen die passende Person für ein Mentorship auswählen.
Die nächsten Termine für (interessierte) Mentees
Donnerstag, 9. Juli 2020, und Mittwoch, 9. September 2020, 17 Uhr (Webinar)

Es sind gerade keine einfachen Zeiten für junge Unternehmer*innen oder jene, die es werden wollen. Haben Sie einen guten Rat parat?
Wolfsberger:
Ich denke, dass wir noch einige Zeit brauchen werden, um zu sehen, was Corona mit uns gemacht hat. Zu schnell würde ich nicht nur von "neuen Chancen" sprechen. Es war und ist eine echte Krise. Was mich neben meinem Team aufrecht hält, ist das Schreiben. Mein Tipp: Regelmäßig Gedanken, Sorgen, Fragen aufschreiben, Ideen schreibend entwickeln! Das sogenannte "Mindwriting" ist ein unglaublich starkes Tool. Fürs Business wie fürs Leben überhaupt.

Können Sie der jetzigen Situation evtl. auch etwas Positives abgewinnen, inwiefern eröffnen sich – z.B. hinsichtlich Digitalisierung von Arbeitsprozessen oder Services – auch neue Perspektiven?
Wolfsberger:
Wir haben viele Fans und Interessent*innen in den anderen deutschsprachigen Ländern und freuen uns, dass diese jetzt über unsere Web-Workshops öfter bei uns vorbeischauen werden.

Name: Judith Wolfsberger
Alter: 50
Studium: Geschichte und Fächerkombination zu Wissenschaftstheorie
Gründungsjahr: 2002
Mein Business: writers' studio
Mein Motto: Schreib dich frei!
Mein Tipp für Gründer*innen: Fragen, Ideen und Konzepte schreibend entwickeln
Link zur Webseite: www.writersstudio.at und www.freigeschrieben.at