Schul-Gurgelstudie mit neuen Fragestellungen

Labor Corona Test

Nach der Verschiebung der dritten Runde der viel beachteten Schul-Gurgelstudie von Initiator Michael Wagner liefen diese am 1. März wieder an. Neben der COVID-19-Prävalenz will man auch erheben, in welchem Ausmaß die "Nasenbohrer"-Tests Infizierte übersehen und wie neue Virenvarianten dort verteilt sind.

Die von Forscher*innen der Medizinischen Universitäten Graz und Innsbruck, der Universität Linz und der Universität Wien im Auftrag des Bildungsministeriums durchgeführte Studie hätte gleich mit der Rückkehr in den Präsenzunterricht fortgesetzt werden sollen. Das Ministerium hat die großangelegte Erhebung an 250 Schulen zunächst unterbrochen. Man begründete dies mit den Umstellungen an den Schulen und deren drohender Überforderung. Mehrere Expert*innen kritisierten die Verschiebung, ein Neustart mit Anfang März wurde in Aussicht gestellt.

Dieser Neustart ging am 1. März mit etwas weniger Teilnehmer*innen als den ursprünglich geplanten rund 15.000 Schüler*innen und Pädagog*innen an Volksschulen, Mittelschulen und AHS-Unterstufen vonstatten, so Michael Wagner von der Uni Wien. Das liegt daran, dass sich die Klassen ab der fünften Schulstufe im gestaffelten Unterricht befinden und an den Standorten die Schulärzt*innen nicht an mehreren Tagen mit den Kindern die Gurgeltests durchführen können. In den Volksschulen komme man hingegen voraussichtlich auf die volle Anzahl an Teilnehmer*innen aus der für Österreich repräsentativen Zufallsstichprobe.

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Vergleich mit "Nasenbohrer"-Test

Sehr interessant werde der Vergleich mit den ein bis zwei Mal pro Woche von Schüler*innen durchgeführten "Nasenbohrer"-Antigentests: Würden diese theoretisch alle aktuell Infizierten erfassen, müssten in der Gurgelstudie, bei der die Proben mit der sehr zuverlässigen PCR-Methode ausgewertet werden, nahezu keine neuen Fälle auftauchen. "Wir können ja mit unserer Testung nie zeitlich lange entfernt von einem negativen Antigentests sein", betonte Michael Wagner: "Wir sehen also dann, wer übersehen wird, und trotzdem noch infiziert in der Schule sitzt und wir erhalten über die sogenannten Ct-Werte der PCR-Analyse auch Anhaltspunkte wie infektiös diese Personen sind." Dass diese einfach durchzuführenden Antigentests an Schulen jetzt eingesetzt werden, bewertet der Wissenschafter von der Uni Wien positiv, man könne dann aber endlich auch drängende Fragen zu den Stärken und Schwächen der Tests klären.

In Zusammenarbeit mit dem Team um Andreas Bergthaler am Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) wird erstmals im Rahmen der Studie das gesamte Virusgenom von jeder positiven Probe komplett sequenziert. Damit sehe man tatsächlich, welche Varianten regional an den Schulen kursieren. Denke man etwa an Tirol, könne man abschätzen, ob die "Südafrika"-Variante auch unter Lehrern und Schülern verbreitet ist.

Bedarf an der Studie werde es voraussichtlich noch lange geben, zeigte sich Michael Wagner überzeugt: "Die Kinder werden in absehbarer Zeit nicht geimpft und werden noch als Reservoir für die Viren dienen, wenn die Erwachsenen geimpft sind." Wisse man, welche Varianten unter Kindern und Jugendlichen zirkulieren, könne man auch abschätzen, in welchem Ausmaß Gefahr besteht, dass neue Mutationen dem Virus auch wieder den Sprung in breitere Bevölkerungsschichten ermöglichen. Letztlich sei auch eine Frage, ob sich nicht an den Schulen in Zukunft auch Varianten verbreiten könnten, die sich den in den "Nasenbohrertests" zum Nachweis eingesetzten, speziellen monoklonalen Antikörpern entziehen können, und so nicht erkannt werden.

Rückschlüsse auf Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen

Gewisse Rückschlüsse erlaubt die Untersuchung auch dahin gehend, wie die Schutzmaßnahmen "Schichtbetrieb", "Masken" und "Tests" in Kombination im Vergleich zu den Erhebungen im Herbst wirken, betonte Michael Wagner. In der ersten Testrunde (bis Ende Oktober) waren 40 von über 10.000 Teilnehmern Covid-19-positiv. Die zweite Runde wurde bereits durch den neuerlichen Lockdown ab 17. November beeinflusst. In fünf Bundesländern konnten davor immerhin 3.745 Schüler*innen und Lehrer*innen getestet werden, von denen sich 53 als Träger des SARS-CoV-2-Virus entpuppten. Die errechnete Prävalenz lag bei 1,42 Prozent.

Dass die Hygienemaßnahmen im Prinzip unter Kindern und Jugendlichen "sehr gut anschlagen", zeige sich an zuletzt extrem geringen Fallzahlen der sonst zu dieser Jahreszeit üblichen Erkrankungen. Etwa die klassische Influenzawelle, die normalerweise stark in Bildungseinrichtungen hochschwappt, finde heuer nicht statt. Kinderarztpraxen seien dementsprechend leer. Auf der anderen Seite zeige sich am trotz der vielen wirksamen Maßnahmen recht persistenten SARS-CoV-2, wie schwer es ist, einem neuen Erreger beizukommen, gegen den noch keine breitere Immunität in der Gesellschaft besteht. "Hier sehen wir, was für ein harter Gegner dieses Coronavirus ist", so Molekularbiologe Michael Wagner. (APA/red)