Am Nano-Quanten-Puls der Zeit
| 06. November 2013Die Forschungsplattform "Quantum Phenomena and Nanoscale Biological Systems" der Universität Wien unter der Leitung von Alipasha Vaziri verbindet aktuelle zukunftsträchtige Wissenschaftsbereiche: Quantenphänomene und Nanotechnologie in biologischen Systemen.
Ob eine Entdeckung, die WissenschafterInnen an der University of California (Berkeley) vor wenigen Jahren machten, Einzug in die Geschichtsbücher hält, wird sich noch zeigen – in der Fachwelt sorgte sie jedenfalls für gehörige Aufregung: Die US-ForscherInnen stellten 2007 erstmals fest, dass der schwer greifbare Vorgang der Quantensuperposition – ein Quantenelement kann sich in mehreren Zuständen gleichzeitig befinden – auch in Pflanzen vorkommt. Die Experimente werfen die Frage auf, ob Pflanzen während der Photosynthese die Quantensuperposition verwenden, um die Energie für elektrochemische Prozesse mit hoher Effizienz zu transportieren.
"Lange glaubte man, dass Quanteneffekte in biologischer Materie, also bei Raumtemperatur und unter starker Wechselwirkung mit der Umgebung, nicht überleben können", erklärt der Physiker Alipasha Vaziri, der an der Universität Wien (Max F. Perutz Laboratories) und am Institut für Molekulare Pathologie IMP zu physikalischen Prozessen in biologischen Systemen forscht und seit Frühjahr 2013 die neue Forschungsplattform "Quantum Phenomena and Nanoscale Biological Systems (QuNaBioS)" leitet.
Dieser Artikel erschien im Forschungsnewsletter November 2013. |
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Revolution für die Quantenforschung
Dass Quantenphänomene in oder mit biologischer Materie länger bestehen, als früher erwartet wurde, und die Quantenphysik zunehmend um Methoden der Biologie erweitert wird, eröffnet ein neues Forschungsfeld: die Verbindung von Quantenphysik und Biologie, die auch die Grundlage der neuen Forschungsplattform darstellt. Hier treffen aber nicht nur zwei Disziplinen, sondern auch das Vienna Biocenter und die Fakultät für Physik zusammen: Vaziris wissenschaftlicher Partner und stv. Leiter der Forschungsplattform ist der Quantenphysiker und Wittgenstein-Preisträger Markus Arndt von der Fakultät für Physik.
Gemeinsam gehen die beiden Physiker zwei hochaktuellen Fragen nach: Ob und in welchem Ausmaß sind Quantenphänomene für biologische Funktionen relevant? Und wie kann man mit Hilfe der Quantenphysik neuartige Messverfahren für nanobiologische Materie entwickeln?
Dabei ergänzen sich die beiden Spitzenforscher ideal: Markus Arndt nimmt Biomoleküle und Proteine genauer unter die Lupe, um zu untersuchen, inwieweit man Quanten nicht nur im Nano-, sondern auch im Makrobereich anwenden kann. Quantenoptiker Alipasha Vaziri bringt Erfahrung in der Biologie sowie neuartige Methoden mit, die er während seiner Forschungsjahre in den USA entwickelt hat.
Neue Mikroskopietechnik Im Rahmen der Forschungsplattform "Quantum Phenomena and Nanoscale Biological Systems (QuNaBioS)" der Universität Wien haben die Physiker rund um Alipasha Vaziri eine neue Mikroskopietechnik entwickelt und dazu in Nature Methods publiziert. Damit kann die Aktivität vieler Neuronen gleichzeitig erfasst werden. Dies ermöglicht wichtige Erkenntnisse auf dem Gebiet der Neurowissenschaften. (Foto: IMP). Zum Artikel |
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International vernetzt
Aus den USA hat Alipasha Vaziri aber nicht nur neue quantenoptische Methoden und Techniken im Bereich Imaging mitgebracht, sondern auch hochkarätige internationale Kontakte. Nach Abschluss seiner Dissertation "Quantum experiments using higher dimensional entangled photon states with singularities" bei Anton Zeilinger forschte Vaziri zunächst in der Gruppe des Nobelpreisträgers William D. Philips am National Institute for Standards and Technology (NIST) in Maryland zur Physik kalter Atome. Anschließend konzentrierte er sich am Janelia Farm Research Campus des Howard Hughes Medical Institute in Virginia auf die Entwicklung der bereits erwähnten neuen Imaging-Techniken. Auch die gute Zusammenarbeit mit KollegInnen am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge (USA), die er als Gastwissenschafter aufgebaut hat, besteht weiterhin.
Zwischen Physik und Biologie
Mit diesen Erfahrungen und Kontakten in der Tasche kam er im Frühjahr 2011 an die Universität Wien zurück – allerdings nicht an seine Heimatfakultät Physik, sondern eben an den Campus Vienna Biocenter. Hier kann er seine Forschungsschwerpunkte an der Schnittstelle von Physik und Biologie seither ideal umsetzen.
"Und es gibt auf diesem Gebiet noch viel zu entdecken", sagt Vaziri: "Der Forschungsbereich hat das Potenzial, unser heutiges Verständnis in einigen Bereichen der Biologie und vielleicht auch der Quantenphysik zu verändern." Ziel der neuen, dreijährigen Forschungsplattform ist es zunächst, die von den beiden Forschern entwickelten Methoden – das Materiewelleninterferometer von Markus Arndt und die quantenoptischen Methoden und andere Imaging-Techniken von Alipasha Vaziri – einzusetzen und weiterzuentwickeln. (td)
Nanolineal: Ein universelles Werkzeug Dem Quantennanophysik-Team um Philipp Haslinger und Markus Arndt von der Fakultät für Physik der Universität Wien ist es in einem weltweit einzigartigen Experiment gelungen, ein Materiewelleninterferometer aus Licht zu konstruieren, das universell für eine breite Klasse von Teilchen verwendbar ist. (Foto: J. Rodewald/Universität Wien) Zum Artikel |
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Die dreijährige Forschungsplattform "Quantum Phenomena and Nanoscale Biological Systems" startete im März 2013 unter der Leitung von Ass.-Prof. Mag. Dr. Alipasha Vaziri, Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Wien, und der stellvertretenden Leitung von Univ.-Prof. Dr. Markus Arndt, Fakultät für Physik der Universität Wien.