Innenstadt bietet Turmfalken Wohnraum, aber kaum Nahrung

Das Leben in der Innenstadt ist für Turmfalken eine "ökologische Falle". Durch attraktive Nistplätze in Wiens Altbauten angezogen, kämpfen Turmfalken mit Nahrungsmangel. Das fand ein Team um die Zoologin Petra Sumasgutner von der Universität Wien heraus.

Seit 2010 wird in Wien, initiiert von der Zoologin Petra Sumasgutner, ein Turmfalkenmonitoring durchgeführt. Die vorliegende Studie gibt nun erstmals einen Überblick über das inzwischen umfangreich gesammelte Datenmaterial, und es konnten Rückschlüsse auf die Brutbiologie der Tiere in der Stadt gemacht werden.

Unterschiedliche Brutbedingungen in Land und Stadt


Im ländlichen Raum brüten Turmfalken in Felsnischen oder verlassenen Krähennestern auf Bäumen, als Beute dienen dort zahlreich vorhandene Feldmäuse. Turmfalken zieht es aber nicht zuletzt aufgrund des verlockenden Angebots an Nistplätzen in die Stadt, und Wiens Altbaubestand hat da einiges zu bieten: Zahlreiche Dachbodenluken und Nischen an Fassaden können zum Brüten genutzt werden. "Wir haben diese Bruten untersucht und herausgefunden, dass die Greifvögel in diesen Nistplätzen eine böse Überraschung erleben, denn ihr Bruterfolg ist deutlich geringer als im ländlichen Raum", so Petra Sumasgutner, Studienautorin und Projektleiterin, die an der Universität Wien derzeit dissertiert und bereits im Rahmen einer Postdoc-Stelle an der University of Cape Town in Südafrika forscht.

"Als ich das Turmfalkenprojekt 2010 initiierte, wollte ich die Erfolgsstrategien von stadtbewohnenden Greifvögeln untersuchen. Da ich in Wien die bis dato höchste Brutpaar-Dichte von Turmfalken in einer europäischen Großstadt vorgefunden habe, suchte ich nach einer Erklärung für den vermeintlich hohen Bruterfolg. Was ich jedoch gefunden habe, ist ziemlich genau das Gegenteil von dem, was ich erwartet hatte: Es gibt nicht genügend Beutetiere, um alle geschlüpften Jungtiere durchzufüttern. Das Ergebnis ist ein deutlich verringerter Bruterfolg im Stadtzentrum", erklärt die Zoologin.

Forschungsprojekt nur mit großer Beteiligung der Bevölkerung möglich

Einen ganz wesentlichen Beitrag zum Gelingen dieses Projektes hat die naturinteressierte Wiener Bevölkerung geliefert. Die BewohnerInnen haben Gelege in ihrer Nähe gemeldet und das Brutgeschehen im Auge behalten. Die ForscherInnen beobachteten zusätzlich mit im Nest installierten Kameras die Turmfalkengelege. Um die Technik überhaupt in schwer erreichbaren Dachbodenluken und Fassadenbruten anbringen zu können, halfen die Wiener Berufsfeuerwehr und zahlreiche Rauchfangkehrer tatkräftig mit.


Die Wiener Bevölkerung ist nach wie vor eingeladen, das Forschungsprojekt zu unterstützen und Beobachtungen über brütende Falken zu melden - und zwar unter: +43-664-566 60 45 oder turmfalkeninfo(at)gmx.at (Foto: J. Bredehorn / Pixelio)



"Die Studie wäre ohne die zahlreichen Unterstützer nicht möglich gewesen. Unser Team allein hätte nie über 400 Nester in Wien gefunden. Vielen Dank dafür. Es war uns ein Anliegen, die Studie in einem open access Journal zu publizieren, um sie nicht nur anderen ForscherInnen, sondern auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen", erklärt und bedankt sich Petra Sumasgutner. (vs)

Das Paper "Hard times in the city – attractive nest sites but insufficient food supply lead to low reproduction rates in a bird of prey." (AutorInnen: Petra Sumasgutner, Erwin Nemeth, Graham Tebb, Harald W Krenn, Anita Gamauf) erschien im Mai in "Frontiers in Zoology".