Wie die Interaktion von Insekten und Blüten entstanden ist

EntomologInnen und BotanikerInnen der Universität Wien gehen im Rahmen eines Emerging-Field-Projekts der Fakultät für Lebenswissenschaften dem Phänomen Blütenbesuch und Bestäubung durch Insekten auf den Grund – erstmals gemeinsam.

Die Forschungskooperation "Evolution of insect flower interactions" ist ein Projekt, das die wissenschaftliche Arbeit dreier Departments der Universität Wien verbindet: Harald Krenn vom Department für Integrative Zoologie, Wolfram Weckwerth vom Department für Molekulare Systembiologie und Jürg Schönenberger vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung forschen im Rahmen eines Emerging Fields, das von der Fakultät für Lebenswissenschaften mit 5.000 Euro pro Jahr über drei Jahre gefördert wird.

Blütenbesuch und Bestäubung

Zusammenarbeit ist das Schlüsselwort für den Zoologen Krenn: "Es geht darum, dass EntomologInnen und BotanikerInnen in der Fakultät zusammenfinden und gemeinsam am Thema Blütenbesuch und Bestäubung durch Insekten, gewissermaßen von beiden Seiten her gleichzeitig, arbeiten wollen." Ausschlaggebend sei, dass sich Wissenschafter gemeinsam die gleichen Forschungsobjekte vornehmen. "Man muss sich entschließen, die gleichen Organismen zu wählen und sie sowohl von der botanischen als auch von der zoologischen Seite her zu analysieren."

Seltsame Blütenbesucher

Jeder weiß, dass Bienen, Schmetterlinge und manche Fliegen Blüten besuchen, dort Nektar und/oder Pollen sammeln und aufnehmen. All das sei grundsätzlich gut untersucht, sagt Krenn. "Wir wollen uns jetzt aber den ganz seltsamen Blütenbesuchern widmen: Käfer, Heuschrecken und Tiere, die man nur gelegentlich an Blüten antrifft."

Vorarbeiten haben gezeigt, dass diese Tiergruppen besonders interessant sind, weil sie Hinweise geben können, wie Interaktionen mit gemeinsamem Nutzen von Pflanzen und Tieren in der Evolution entstanden sein könnten. "Manche Käfer fressen Blüten einfach auf. Das ist schlecht für die Pflanze. Andere fressen wohl Pollen, stäuben sich gleichzeitig damit ein und transportieren Pollen von Blüte zu Blüte, was ein Vorteil für beide Partner sein kann."

Die Monkey-Beetles Südafrikas

Seine idealen Forschungsobjekte hat Harald Krenn in den südafrikanischen Monkey-Beetles gefunden: "Da gibt es Arten, die Nektar fressen, andere, die die Pollenkörner fressen, und welche, die die ganzen Blüten auffressen. Und alle sind relativ nahe miteinander verwandt."

Eine Feldstudie in Südafrika ist zurzeit schwer zu finanzieren. "Wir werden also damit beginnen, das vorhandene Material auszuwerten bzw. versuchen, europäische Beispiele zu finden." Mit den Mitteln des Emerging-Field-Projekts und ersten Ergebnissen ausgestattet, kann aber ein FWF-Projektantrag eingereicht werden. Ein solches Projekt würde eine Freilandarbeit in Zusammenarbeit mit südafrikanischen KollegInnen und ausführliche Laboranalysen erlauben.


Die südafrikanischen Monkey-Beetles haben es Zoologen Harald Krenn angetan. Generell fungieren Käfer ja eher selten als Bestäuber. Die verschieden Arten der Monkey Beetles aber, haben je nach Art sogar unterschiedliche Strategien, wenn Sie zu Blüten fliegen: Da gibt es Arten, die Nektar fressen, andere, die die Pollenkörner fressen, und welche, die ganze Blüten auffressen.



Interessante Beobachtungen in La Gamba


Besonders interessant sind blütenbesuchende Heuschrecken. Krenn: "In unserer Tropenstation in La Gamba in Costa Rica sind dem österreichische Tropenbotaniker Anton Weber und dem Studierenden Florian Etl spannende Beobachtungen gelungen: Heuschrecken, die Blüten fressen, aber die entscheidenden Teile für die Reproduktion übrig lassen. Gleichzeitig werden die Insekten eingestäubt, wandern weiter zur nächsten Blüte und übertragen so den Blütenpollen." Bei dieser fast einzigartigen Insekten-Blüten-Interaktion – also Bestäubung durch Heuschrecken – fehlen noch wichtige Aspekte der entomologischen Seite. Und diese sollen im Emerging Field nun untersucht werden.

Was bringt es dem Käfer?

Doch nicht nur verhaltensbiologische Beobachtungen und morphologische Untersuchungen der Blüten und Insekten, sondern auch ernährungsbiologische Analysen interessieren die kooperierenden Forscher. Darum haben sie Wolfram Weckwerth mit ins Boot geholt. Der Leiter des Departments für Molekulare Systembiologie (MoSys) an der Universität Wien ist darauf spezialisiert, herauszufinden, welche Inhaltsstoffe verschiedenste Pflanzenteile haben. So können auch Fragen geklärt werden wie etwa: "Wie viel bringt es dem Käfer oder dem Heuschreck, wenn das Tier bestimmte Teile der Blüte vertilgt? Und welches Investment muss die Pflanze machen, damit es zum Bestäubungserfolg kommt?"

Ziel der nun anlaufenden gemeinsamen Arbeit, sagt der Zoologe, sei es, "eine bessere Vorstellung davon zu bekommen, wie diese Insekten-Blüten-Interaktion im Laufe der Evolution entstanden ist." (red)