#ask: Meine Sicht auf Europa
| 20. Juni 2018Am 19. Juni stellte sich eine Delegation des Europäischen Parlaments im Rahmen der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft den Fragen von Studierenden. Die Themen im vollbesetzten Audimax reichten von Migration über Menschenrechte bis hin zur Vermögenssteuer.
"In welchem Europa wollt ihr leben?" Mit diesem Satz eröffnet die ORF-Moderatorin Claudia Unterweger die Veranstaltung. Mit Hinblick auf den österreichischen Ratsvorsitz, der unter dem Motto "A Europe that protects" seinen Schwerpunkt auf die Sicherung der Außengrenzen legt, stellt sie das Thema der Podiumsdiskussion vor.
In seiner anschließenden Begrüßung betont Rektor Engl die europäische Ausrichtung der Universität Wien und verweist dabei auf die kommende Semesterfrage "Was eint Europa?". Die Universitätsratsvorsitzende Eva Nowotny hebt in ihrer Rede die durch den Vertrag von Lissabon gestärkte Bedeutung des Europäischen Parlaments hervor und freut sich, dass das Event den Studierenden die Gelegenheit zum Austausch gibt.
Bereits im Vorfeld der Veranstaltung wurde Studierenden der Universität Wien die Frage gestellt: "Wenn ich EU PräsidentIn wäre, dann...". Mit dem daraus entstandenen Video wurde die Diskussion eingeleitet. Auch auf Twitter wurde das Event begleitet.
Der Präsident des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, schildert die aktuellen Probleme der EU – von Immigration über Budget bis hin zu Brexit. "Eines meiner Hauptanliegen ist es, die Distanz zwischen BürgerInnen und Abgeordneten zu reduzieren und die Kommunikation unmittelbarer zu machen", betont er. Handlungsbedarf sieht er vor allem bei der Stärkung der Außengrenzen sowie in den Bereichen Jugendarbeitslosigkeit und Digitalisierung. Auch die Wissenschaft solle verstärkt gefördert und der Klimawandel bekämpft werden, so Tajani.
Unter dem Thema "Jugendarbeitslosigkeit, Armut und soziale Ausgrenzung" wird diskutiert, inwiefern Vermögensungleichheit eine Gefahr darstelle und ob Europa heute besser für eine Wirtschaftskrise gewappnet sei als noch vor einigen Jahren. Während Tajani auf die Bedeutung der Industrie verweist, sieht Josef Weidenholzer (Bild), Vizepräsident der S&D (Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten), keine ausreichende Vorbeugung gegen eine Wirtschaftskrise. Er warnt vor dem Auseinanderdriften von reicheren und ärmeren Mitgliedsstaaten und spricht von einer Verfestigung der Ungleichheit: "Ungleichheit ist das, was Gesellschaften zerstört".
Ska Keller fordert eine europäische Wirtschaftspolitik. "Es ist ein Gesamtkonzept notwendig", so die Ko-Vorsitzende der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz, wobei sie eine Vermögenssteuer befürworte. Sie kritisiert vor allem die noch nicht fertiggestellte Bankenunion.
"Konkrete Vorschläge wie ein Mindesteinkommen müssen diskutiert werden", betont Gabriele Zimmer, Vorsitzende der GUE (Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke).
Roberts Zíle – Stellvertretender Vorsitzender der ECR (Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer) – verweist hingegen auf Hindernisse in den einzelnen Mitgliedsstaaten.
Peter Lundgren (links) ist stellvertretender Vorsitzender der EFD (Fraktion Europa der Freiheit und der direkten Demokratie). Er unterstreicht die Bedeutung der ArbeitgeberInnen: "It is not the politicians that create jobs, but companies."
Im Anschluss haben die ZuhörerInnen Gelegenheit, Fragen an das Podium zu stellen. Diese Möglichkeit wird von vielen genutzt, u.a. um mehr über den Umgang mit Afrika zu erfragen oder die Meinung der EU-VertreterInnen zum Thema Digitalisierung und Verlust von Arbeitsplätzen zu hören.
Der zweite Themenkomplex des Abends ist "Migration, Außengrenzen und Personenfreizügigkeit". Die Fraktionsvorsitzenden werden gefragt, ob EU-Staaten, die ihre Quote an Flüchtlingen nicht erfüllen, Subventionen gestrichen werden sollten und wie die europäische Politik generell in diesem Bereich gestaltet werden sollte.
Tajani (im Bild) betont abermals die Stärkung der Außengrenzen und den Ruf nach mehr Solidarität und Weidenholzer bezeichnet das (Nicht-)handeln der EU-Organe 2015 als "Europäisches Multiorganversagen".
Keller verweist auf die Bekämpfung von Fluchtursachen. Sie spricht sich außerdem gegen Waffenexporte in bestimmte Staaten aus und fordert legale und sichere Wege für Flüchtlinge. "Wir brauchen eine faire Verteilung und legale Wege der Migration". Gabriele Zimmer schloss sich dieser Meinung an. Zíle (2.v.l.) betont die Notwendigkeit der Trennung zwischen Geflüchteten und MigrantInnen: "Refugees won’t stay in poor EU countries" und Lundgren (1.v.l.) unterstreicht: "The external borders are a cornerstone for the freedom of persons."
Im letzten Teil der Veranstaltung geht es um das Motto der Österreichischen Ratspräsidentschaft "Ein Europa, das schützt" sowie um Datenschutz, Klimawandel und Menschenrechte. "Human rights are a number one priority", betont Tajani und Keller ruft zu mehr Handeln im Bereich Klimaschutz auf. Zimmer warnt davor, strikt zwischen freiheitsbezogenen und sozialen Menschenrechten zu unterscheiden und betonte: "Wir müssen beides einfordern."
Nach weiteren Fragen aus dem Publikum ist im Anschluss noch Zeit für Selfies und Autogramme. (Text: ELI/Fotos: © Universität Wien/Elia Zilberberg)