Ein Tag als Delegierte der Vereinten Nationen
| 03. Juli 2013In der Abschlusseinheit der Lehrveranstaltung "Internationale Entwicklung im historischen Kontext" simulieren Studierende eine Generalversammlung der Vereinten Nationen – heuer bereits zum siebten Mal. Das Lehrkonzept wurde 2012 mit dem Bank Austria Preis für innovative Lehre ausgezeichnet.
Im Vienna International Center (VIC) schlüpften die Studierenden für die Dauer des Planspiels in die Rollen ihrer zu Anfang des Semesters gewählten Arbeitsgruppen. Diese reichten von Ländergruppen bis hin zu Organisationen wie der Weltbank. Die Positionen der jeweiligen Gruppen zum Thema "Klima" sollten in der Generalversammlung möglichst realitätsnah verhandelt werden. Das Ziel dabei war, theoretisches Wissen praktisch anzuwenden. Am Ende wurde über die erarbeiteten Resolutionstexte abgestimmt. Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit dem Informationsdienst der Vereinten Nationen organisiert.
Nachgespielt wurde eine Klimakonferenz, die im Herbst dieses Jahres tatsächlich in Warschau stattfinden soll. Gefragt waren dabei Überzeugungskraft, Fachexpertise und diplomatisches Geschick. Im Bild die afrikanischen VertreterInnen bei ihrer Strategiebesprechung: Diese schlossen sich zur Afrikanischen Union zusammen, um gemeinsam stärker in den Diskussionen auftreten zu können.
In einer ersten Phase galt es Änderungsanträge für die Resolutionen zu erarbeiten und genügend Stimmen zu sammeln, um diese einreichen zu können. "Durch das Planspiel wird nicht nur ersichtlich, wie Politik auf globaler Ebene gemacht wird, sondern auch, wie unterschiedlich die Interessen der verschiedenen Länder sein können. Ein Einzelner vertritt Millionen von Menschen und muss auf seinem Gebiet ExpertIn sein, um sich behaupten zu können. Während des Planspiels sind wir aktive AkteurInnen und nicht nur außenstehende BetrachterInnen", freuten sich die TeilnehmerInnen.
In der zweiten Phase ging es darum, Lobbying für oder gegen die Resolutionen zu betreiben und die Endabstimmung zu beeinflussen. Um das Ambiente zu gestalten und sich wirklich in ihre Rolle einzufühlen, kamen einige Studierende in traditionellen Gewändern oder brachten typische Spezialitäten für ihre Weltregionen mit.
Peter Molnar, Geschäftsführer des "Klimabündnis Österreich", informierte die Studierenden in seinem Vortrag über die Auswirkungen des Klimawandels.
Auch ein Vertreter des United Nation Information Service (UNIS), Janos Tisovszky, hielt eine Rede und sprach sich für die Wichtigkeit der Jugendbeteiligung und des Interesses an internationalen Prozessen aus.
Ziel des Planspieles war es unter anderem auf globale Machtverhältnisse, die oft historisch verwurzelt sind, aufmerksam zu machen und diese auf einer nachkonstruierten internationalen Ebene selbst zu erfahren. In dem Versuch Resolutionen zu verabschieden mussten die Studierenden mit allen Stärken, aber auch Schwächen ihrer AkteurInnen zurechtkommen.
Am Anfang und am Ende gab es Plenarsitzungen, bei denen die Agenda von der UNO-Gruppe vorgestellt wurde und die Ergebnisse der Abstimmung verkündet wurden. Schließlich nahm unsere Staatengemeinschaft zwei der ambitionierten Resolutionen auch tatsächlich an.
Alle Beteiligten zeigten sich am Ende des langen Tages zwar erschöpft, aber überwiegend begeistert über die Erfahrungen während des Planspiels. Die Möglichkeit, das erarbeitete Wissen auf diese Weise praktisch einzusetzen – und das authentisch in den Räumlichkeiten der Vereinten Nationen in Wien –, machten diese Simulation zu einem einzigartigen Erlebnis. (Text: Julia Rainer / Fotos: Fabian Reck )
Julia Rainer ist ehemalige Teilnehmerin der Lehrveranstaltung "Internationale Entwicklung im historischen Kontext" und fungierte als Beobachterin der Veranstaltung. Neben ihr waren neun weitere BeobachterInnen, zwei TutorInnen, die beiden Lehrveranstaltungsleiter Wolfgang Gruber und Stephan Köhler vom Institut für Internationale Entwicklung sowie als Beobachtungsteams Studierende der LMU München und der BOKU anwesend.
