Heinz Faßmann: Islamisches Theologiestudium ab 2017
| 29. Februar 2016Im Herbst 2017 soll an der Universität Wien das Bachelor-Studium für Islamische Theologie starten. Im Interview mit der APA erklärt Heinz Faßmann, Vizerektor für Forschung und Internationales, warum Österreich mit diesem Studium einen "wirklich herzeigbaren Weg" gehe.
"Wir stellen eine Ausbildung für alle an diesem Studium Interessierten, aber natürlich auch und besonders für die in Österreich lebenden Muslime bereit. Damit ist längerfristig eine intellektuelle Emanzipation und auch – so die Absicht – eine Abkoppelung von der bisher in der Türkei erfolgten Ausbildung der TheologInnen verbunden", betonte Vizerektor Heinz Faßmann im Interview mit der APA.
Das Studium werde auch positive integrationspolitische "Seiteneffekte" haben: "In Österreich ausgebildete TheologInnen werden ihrer Klientel viel authentischer näherbringen können, was Religion in einer liberalen, säkularisierten Gesellschaft bedeutet." Gleichzeitig werde auch ein legitimer Anspruch der 500.000 bis 600.000 MuslimInnen in Österreich erfüllt, nämlich so behandelt zu werden wie andere anerkannte Religionsgemeinschaften.
Bis 2018 kommen 1,5 Mio. Euro vom Bund
Für das Studium stellt der Bund über die Leistungsvereinbarung mit der Universität Wien bis 2018 1,5 Mio. Euro bereit. Entscheidend für das weitere Vorgehen wird das vom Senat der Universität Wien erarbeitete Curriculum sein. Die "große Fragestellung" dabei werde sein, wie man die verschiedenen Glaubensrichtungen abdecke, meinte Faßmann: "Wir wollen dabei nicht anfangen, jeder Glaubensrichtung ein eigenes Segment oder sogar ein eigenes Curriculum zu widmen ohne gegenseitige Kenntnisnahme und Vernetzung. Es soll ein möglichst breites Angebot über alle Richtungen sein, aber es muss auch etwas geben, was spezifisch für die einzelnen Glaubensrichtungen ist. "
Derzeit studiere man unter Einbindung internationaler ExpertInnen die fünf in Deutschland eingerichteten und vergleichbaren Curricula, so Faßmann: "Wir wollen sehen, wie bestimmte Strukturen gesetzt werden. Also etwa wie viele ECTS-Punkte man für Arabisch braucht – weil ohne ein bestimmtes Ausmaß ist ein Quellenstudium nicht möglich –, wie viele ECTS für Koranexegese oder praktische Theologie etc. verwendet werden."
Erste Professur ausgeschrieben
Aus dem Studienplan heraus würden sich dann bestimmte Notwendigkeiten für die
Ausschreibung von Professuren ergeben. Derzeit verfügt die Universität Wien über eine Professur für islamische Religionspädagogik, bereits ausgeschrieben ist eine befristete Professur für Koranexegese. Bis zum Start des Studiums werde es dann wohl sicher noch weitere Professuren geben. Insgesamt sind im Islamgesetz sechs Lehrpersonen vorgegeben – wobei nicht alle Professoren sein müssen. Bei den Berufungen müsse man auch bedenken, dass dabei die verschiedenen Richtungen des Islam abgebildet werden.
Vor der Berufung sieht das Gesetz eine "Fühlungnahme" mit der Glaubensgemeinschaft über die in Aussicht genommene Person vor. Was das bedeutet, sei nicht eindeutig definiert: "Da ist der Gesetzgeber nicht sehr präzise." Vorbild für die Regelung sei das Protestantengesetz: Dort wird der Glaubensgemeinschaft die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt – "aber es ist kein Vetorecht wie bei der römisch-katholischen Kirche".
Überschaubarer Andrang erwartet
Faßmann rechnet zunächst mit einer "handhabbaren Größe" an StudienanfängerInnen. Seiner Einschätzung nach könnten das zum Beginn vielleicht 20 bis 30 Personen sein, wobei darunter auch jene sind, die sich mehr und substanziell über den Islam informieren möchten. Als Anschlussstudium bietet die Universität Wien bereits den Master für islamische Religionspädagogik an. Das Institut für Islamische Studien wird künftig einer noch zu bestimmenden bestehenden Fakultät zugeordnet.
Breite Berufsfelder
Die Berufsfelder der AbsolventInnen des Bachelor-Studiums sollen relativ breit sein, betonte der Vizerektor. Eine Schiene wäre natürlich die darauffolgende berufspraktische Ausbildung zum Imam – diese müsse aber von der Glaubensgemeinschaft organisiert werden. Auch dies sei ähnlich wie bei den evangelischen PfarrerInnen: "Wir bilden ja auch keine PfarrerInnen aus, das erfolgt durch die praktische Arbeit in den Gemeinden." Andere Berufsfelder wären Sozial- und Jugendarbeit bzw. Krankenhausseelsorge, und natürlich könne man auch in der Wissenschaft bleiben.
Wohin die AbsolventInnen konkret wechseln, sei natürlich auch davon abhängig, in welchem Ausmaß die dezentralen Moscheevereine bzw. die Glaubensgemeinschaft bereit seien, diese aufzunehmen. "Wobei wir mit den Glaubensgemeinschaften Kontakt halten, um deren Interessen zu berücksichtigen. Ich bin optimistisch, dass dieses schwierige, aber auch wichtige Projekt gelingt", resümierte Faßmann. (APA/red)