Wie sicher ist unser Trinkwasser?

Nano-Partikel werden in immer mehr Produkten eingesetzt, aber über die Gefahren für Mensch und Umwelt ist noch zu wenig bekannt. Nun haben Umweltgeologen um Thilo Hofmann, Universität Wien, Forschungsergebnisse zu Risiken fürs Trinkwasser im Fachjournal Water Research veröffentlicht.

Seit ungefähr zehn Jahren beschäftigt die Nanotechnologie Umweltämter und Aufsichtsbehörden. Denn diese winzig kleinen Teilchen mit einer Größe von einem Millionstel bis einem Zehntausendstel Millimeter werden vermehrt industriell produziert. Sie finden Eingang in eine steigende Zahl von Produkten des alltäglichen Gebrauchs wie Kosmetika oder Kleidung; welche Risiken und Chancen damit einhergehen, lässt sich aber noch nicht eindeutig abschätzen.

Gefährlich oder nicht?

"Niemand kann pauschal beantworten, ob Nano-Teilchen schädlich für Mensch und Umwelt sind. Denn der Begriff 'Nano' beschreibt nicht mehr als die Größe dieser ganz unterschiedlichen Teilchen", erklärt Thilo Hofmann, Department für Umweltgeowissenschaften der Universität Wien. Gemeinsam mit seinen Kollegen Martin Troester und Heinz-Jürgen Brauch vom DVGW-Technologiezentrum Wasser in Karlsruhe hat er neue Forschungen zu Nano-Partikeln im Trinkwasser publiziert.

Vom Produkt in die Umwelt und zurück zum Menschen

Die Wissenschafter haben sich in ihrer global angelegten Studie vor allem der Sicherheit von Wasseraufbereitungsanlagen angenommen. Dabei wollten sie herausfinden, wie viele dieser Teilchen in welcher Region letztendlich im Trinkwasser bleiben.

"Alles, was wir produzieren, landet in der Umwelt", betont Thilo Hofmann. "Pflegeprodukte enthalten beispielsweise oft Nano-Partikel, die wir teilweise über die Haut aufnehmen, teilweise beim Duschen oder Badengehen abwaschen. Nano-Bioizide, die jetzt schon in den USA eingesetzt werden, können ins Grundwasser gelangen."

Nanoteilchen im Trinkwasser?

Wie hoch die Konzentration von Nano-Partikeln im Trinkwasser sein wird, hängt nun einerseits von den Wegen ab, die das Wasser bis zum Wasserwerk nimmt. "Je nach Land und Region wird das zukünftige Trinkwasser aus Oberflächengewässern wie Flüssen oder Seen sowie aus Grund- und Quellwasser gewonnen. Zwar setzen sich Nano- und andere Partikel zum Teil im Sediment eines Gewässers ab, es wird aber nicht wie Grund- und Quellwasser durch Gesteinsschichten gefiltert", führt der Umweltgeologe aus.

Andererseits kommt es auf die Methoden der Wasseraufbereitung an. Während manche Wasserwerke das Wasser nur mit Chlor desinfizieren, verwenden andere aufwändige Filtrierungs- und Reinigungsmethoden. "Außerdem wird Klärschlamm in vielen Ländern wie etwa in Deutschland und Österreich teilweise auch als Düngemittel auf die Felder ausgebracht, so dass zunächst ausgefilterte Nano-Partikel zurück in den Boden gelangen können."

Von typischen Szenarien zur Risikobewertung

Die Forscher haben einige der üblichen Wege von Nano-Partikeln – von ihrem Eintritt in die Umwelt bis hin zum aufbereiteten Wasser – verfolgt und dabei Faktoren dingfest gemacht, die die Konzentration dieser Teilchen im Trinkwasser beeinflussen. Wasserversorger können nun auf diese Faktoren hin "abgeklopft" und das Risiko fürs Trinkwasser lokal eingeschätzt werden.

Dazu verwendeten die Umweltgeologen bereits bestehende Rechenmodelle etwa zur Filterkapazität von Gesteinsschichten, denen ein "realistisches Worst Case-Szenario" zugrunde gelegt wurde: "Wir haben erhöhte Konzentrationen von Nano-Teilchen in der Umwelt angenommen, die aber durchaus bereits gemessen wurden", erläutert Hofmann.

Auf das Zusammenspiel kommt es an


Das Ergebnis der Forschung ist einfach: Je geringer die ursprüngliche Belastung und je besser die Filterung des Wassers, desto weniger Nano-Partikel landen im Trinkwasser. Wasser aus Wasserwerken etwa, die Oberflächenwasser verwenden und dieses wenig aufwändig aufbereiten, enthält daher voraussichtlich mehr Nano-Partikel als jenes, das durch seine längere Verweildauer in Gesteinssedimenten des Bodens und durch seine sorgfältige Filterung im Wasserwerk gründlich von Nano-Teilchen gereinigt wurde.

Allerdings ist auch Gesteinsschicht nicht gleich Gesteinsschicht. Denn Kalk-, Sand-, Kiess- oder Festgestein, durch das sich das Wasser seinen Weg zum Brunnen oder der Quelle bahnen muss, halten Nano-Partikel unterschiedlich effektiv zurück. Letztlich mussten die Forscher eine Vielfalt an Einflussfaktoren berücksichtigen, um ein aussagekräftiges Modell zu entwerfen. Dieses Modell können nun sowohl WissenschafterInnen als auch Umweltämter nutzen.

Und das Wiener Wasser?

Die gute Nachricht: Das Wiener Wasser ist relativ sicher. Zwar fehlt es auch hier nicht am Gefahrenpotenzial, denn das Karstgestein säubert das verwendete Grundwasser verhältnismäßig wenig von Nano-Teilchen. Aber die Bereiche, in denen das Wiener Wasser entnommen wird, zeichnen sich durch guten Naturschutz und das Fehlen intensiver Landwirtschaft aus. (jr)

Das Paper "Vulnerability of drinking water supplies to engineered nanoparticles" (Autoren: Martin Troester, Heinz-Jürgen Brauch, Thilo Hofmann) erschien im März 2016 im Journal "Water Research".